Die dummen Linken verpassen ihre Chance

Die Beobachter im Dutchblog und bei Meine Güte sind sich einig. Die Linken in den Niederlanden haben eine Woche vor der Wahl ihre Chance verpasst. Warum nur?

Das Politikbarometer in den Niederlanden sieht die sozialdemokraten auf sinkendem Kurs. Eine Woche vor der Wahl schwinden nun endgültig die Hoffnungen, dass die PVDA als stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt werden könnte. Wir können nun als sicher annehmen, dass Jan Peter Balkenende wieder die Chance erhält, eine neue Regierung zu bilden. Das ist um so bedauerlicher, als es vor wenigen Monaten noch so aussah, als könnten die drei linken Parteien eine eigene Mehrheit erhalten. Das aber wird jetzt von Woche zu Woche unwahrscheinlicher.

Der Grund? Nun, typisch für linke Parteien ist die PVDA selbst schuld. Spätestens in dieser Woche bietet sie ein Bild innerer Zerrissenheit. Die Kritik an Parteiführer Bos, die aufgekommen ist, musste ja unbedingt öffentlich gemacht werden, der Tod für jede gut dastehende Partei. Aber diese Kritik entstand ja erst, nachdem die Arbeitspartei in den Umfragewerten immer weiter abgesunken war. Die Kritiker führen dies auf den „Schmusekurs“ zurück, den Bos ihrer Meinung nach gegenüber dem CDA, der Partei Balkenendes, fährt. Für Bos schien schon lange festzustehen, dass es auf eine sogenannte große Koalition hinauslaufen würde, und er hielt sich diese Option immer offen und schonte die Christdemokraten im Wahlkampf merklich. Das hielt Balkenende und Konsorten aber nicht von heftigen auch persönlichen Angriffen gegen Bos ab, über die der sich dann beschwerte. Damit hatte er einen Ruf als Weichei weg. Eigentlich etwas, was man dem smarten Bos nicht zugetraut hätte. Was ist bloß in ihn gefahren, möchte man rufen, und zumindest ich möchte die Hände ringen, wäre ich doch auf ein linkes Experiment in den Niederlanden sehr gespannt gewesen.

Jetzt könnte es unter Umständen sogar sein, dass die bisherige Regierung doch noch die Mehrheit kriegen kann, wenn die Sozialistische Partei nicht so viele Stimmen holt, wie in den letzten Wochen immer wieder vorausgesagt. Die Eigenart der Sozialisten ist es, in den Umfragen immer als großer Sieger dazustehen, am Wahlabend aber dann doch nicht so viele Stimmen zu erhalten wie vorhergesehen. Wenn das auch diesmal zutrifft, dann wird das Kabinett Balkenende 4 so aussehen wie das Kabinett Balkenende 3, nur diesmal mit einer eigenen Mehrheit. Aber da sei der Allmächtige vor.

Morgen ist die sogenannte „große Spitzenkandidatendebatte“. Mal sehen, wer sich dort am Besten schlagen wird.

Copyright 2006, Jens Bertrams.


Technorati : Balkenende, Bos, Niederlande, PVDA, Parlamentswahlen, Verkiezingen, Wouter Bos

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
Dieser Beitrag wurde unter Die Niederlande, Politik abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Die dummen Linken verpassen ihre Chance

  1. Das Nest sagt:

    Hi Jens! Soso, vor einer neuen Regierung Balkenende sei der allmächtige davor… Ich glaub nicht, daß der Dir noch hilft, so wie Du ihn hier im Blog immer schmähst…
    Aber mal was anderes: ich glaube nicht, daß es der große Fehler ist, jemanden öffentlich eine Woche vor der Wahl zu kritisieren. Ich meine: Klar, das wird ihnen das Genick brechen, aber das ist Meiner Meinung nach nicht der eigentliche Feheler oder *sollte* es nicht sein. Aber das ist ja mittlerweile überall so: Alles konzentriert sich bei den Wahlen auf einzelne Persönlichkeiten, und programmatisches spielt immer weniger eine Rolle. Nur fürchte ich, daß wir das nicht mehr ändern werden in diesem Leben. In diesem sinne ist es also ein taktischer Fehler gewesen, obwohl ich so was immer noch besser finde als erzwungene Geschlossenheit a la Kohl oder so. Naja, schlau war’s nicht, und die Wähler sind überall gleich dämlich. Dabei wird doch überall so viel von Nachhaltigkeit geschwätzt, nur bei Wahlen scheint immer jeder dieses Wort zu vergessen.

  2. @Das nest: Ich bin nicht für eine erzwungene Geschlossenheit. Ich finde einfach, wenn es sowieso nur noch eine Woche ist, dann sollte man doch parteiintern miteinander reden. Es müssen gerade dann nicht imer die Medien sein, die dann ja dadurch die Chancen auf den eigenen Sieg verringern. Diese Leute, die Bos da kritisierten, hatten im Wahlkampf keine eigene Funktion, taten das abe öffentlich, anstatt mit Bos selbst zuerst zu reden. Man könnte fast glauben, die wollten, dass die Partei Stimmen verliert.

Schreibe einen Kommentar