Nobelpreis für Barack Obama

Den folgenden aktuellen Kurzkommentar zur Verleihung des Friedensnobelpreises an US-Präsident Barack Obama habe ich für die Sendung „17-20, der Soundtrack zum Tag“ auf ohrfunk.de geschrieben und am 09.10.2009 veröffentlicht.

US-Präsident Barack Obama hat den Friedensnobelpreis 2009 erhalten. Das teilte das norwegische Nobelkomitee völlig überraschend am Freitagvormittag in Oslo mit. Zur Begründung führte der Vorsitzende des Nobelkomitees aus:
„Obama schuf als Präsident ein neues Klima in den internationalen Beziehungen.
Multilaterale Diplomatie nimmt in der internationalen Politik wieder eine
zentrale Stellung ein, mit besonderer Gewichtung bei der Rolle, die die
Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen spielen können.
Dialog und Verhandlungen sind wieder bevorzugte Instrumente zur Lösung
selbst der schwierigsten internationalen Konflikte geworden. Obamas Vision
einer Atomwaffenfreien Welt hat Bewegung in die Abrüstungs- und
Rüstungskontrollverhandlungen gebracht. Durch Obamas Initiative spielen die
USA inzwischen eine konstruktivere Rolle in Bezug auf die großen
Herausforderungen des Klimawandels, mit denen die Welt sich konfrontiert
sieht. Demokratie und Menschenrechte sollen gestärkt werden.“
Sofort gab es die unterschiedlichsten Reaktionen auf diese Preisverleihung. Natürlich haben viele Amtskollegen den amerikanischen Präsidenten zu seiner prestigeträchtigen Auszeichnung beglückwünscht, aber es gab auch kritische Stimmen. Und bei allem Wohlwollen für Obamas Pläne und Ziele sind die Kritikpunkte nicht von der Hand zu weisen. Normalerweise erhält man den Friedensnobelpreis für etwas, was man bereits getan hat, und nicht für etwas, was man noch tun möchte. Noch immer ist Guantanamo nicht geschlossen, werden die Menschenrechte auf ureigenstem amerikanischem Boden mit Füßen getreten. Noch immer drohen die USA mit Krieg, mit neuen bunkerbrechenden Superbomben sogar in den letzten Tagen im Bezug auf Afghanistan und Irak. Es ist zu früh, den höchsten Friedenspreis der Welt einem Mann zu geben, der bis jetzt nur Pläne und Absichtserklärungen hat. In manchen Fällen mag ein solcher Preis ein Ansporn sein, er kann aber auch ein Ruhekissen bedeuten. An vielen guten Absichten des neuen Mannes im weißen Haus ist nicht zu zweifeln, aber der Friedensnobelpreis scheint doch eher dem immer noch anhaltenden internationalen Hype geschuldet, den die Wahl des ersten farbigen Präsidenten der USA auslöste. Im eigenen Land sieht man die Rolle Barack Obamas inzwischen wesentlich kritischer, und die Euphorie der ersten Monate ist verflogen. Für einen Nobelpreis ist die Zeit meiner Ansicht nach noch längst nicht reif.

© 2009, ohrfunk.de

Autor: Jens Bertrams

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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