Genialer Schachzug: Euro-Debatte entlarvt Demokratie als Farce

Die Bundestagsdebatte über den erweiterten Euro-Rettungsschirm ist zu einem vollständigen Debakel für die rot-grüne Opposition geworden. Aber das geschieht ihr recht, und außerdem verdanken wir dieser Debatte erneut die Aufdeckung der Tatsache, dass unsere sogenannte Demokratie eine Farce ist.

Es scheint, als habe die Regierung der Opposition eine einfache PR-Falle gestellt, und die Opposition ist prompt hineingetrampelt. Natürlich wird das nur die intellektuellen Wähler davon abhalten, rot und grün zu wählen, aber die Anderen tun es ohnehin selten.

Wenn eine wichtige Entscheidung ansteht, kann sich die Opposition am Besten profilieren, in dem sie sich mit guten und einleuchtenden Argumenten gegen die Regierung stellt. Dabei ist in unserem von der Finanzwelt dominierten politischen System völlig klar, dass die Opposition, wäre sie an der Regierung, nicht anders handeln würde. Die schärfsten Einschnitte ins soziale Netz der letzten Jahrzehnte stammen von einer rot-grünen Koalition. Trotzdem brachten diese Parteien es fertig, später gegen ihre eigene Politik zu reden. Die Grünen haben auch schon Bundeswehreinsätzen und Kriegen zugestimmt.

Beim erweiterten Euro-Rettungsschirm, der heute im Bundestag verhandelt wurde, hätte es auch wieder so weit sein können. Aber der Opposition bot sich eine noch bessere Chance. In der Regierungskoalition brach nämlich Streit aus, und einige Abgeordnete erklärten, sie würden gegen den Rettungsschirm stimmen. Die Opposition bot daraufhin großzügig Hilfe an und signalisierte Zustimmung. Damit bekamen die Banken, was sie wollten, und die Opposition auch, denn sie hätte die Regierung immer mit der Nase drauf stoßen können, dass sie auf die Hilfe der Opposition angewiesen war, um die notwendige Kanzlermehrheit zu erreichen. Vermutlich hätte die Opposition geschlossen mit „nein“ gestimmt, wenn das Regierungslager auch geschlossen mit „ja“ gestimmt hätte.

Möglicherweise war man auf Regierungsseite einfach klug. Weil die Umfragewerte so schlecht waren, produzierte man einen Streit in der Koalition, einige FDP-Abgeordnete profilierten sich als volksnah und lehnten den Rettungsschirm ab. Man tat so, als wackele die Kanzlermehrheit und brachte die Opposition so dazu, dem Rettungsschirm zuzustimmen. Alle Warnungen, der Schirm sei nicht durchdacht, reiche nicht und betrüge die eigenen Landsleute, verblassten angesichts der Zustimmung von SPD und Grünen, wurden damit sogar unglaubwürdig. Die FDP kann in der Wählergunst wegen der Abweichler steigen.

Das Debakel für die Opposition war dann aber, dass die Regierung auf ihre Stimmen nicht mal angewiesen war und die Mehrheit ohnehin im Sack hatte. Mit komfortablen 4 Stimmen über der Kanzlermehrheit stimmten die Regierungsfraktionen zu. Nun hat die Opposition wahltaktisch nichts gewonnen, und die Regierung kann von sich behaupten, sowohl kritische Mitglieder zu haben als auch die notwendig stabile Kanzlermehrheit aufbringen zu können. Und die Warnungen der Opposition kann sie mit gutem Recht als unehrlich verkaufen.

Mich kotzt die Politik an, diese Wirtschaftsfarce. Ich frage mich, warum ich so lange das verteidigte, was man hierzulande Demokratie nennt. Ökokratie, Lobbykratie, Bürokratie, alles trifft zu, sonst aber nichts.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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2 Antworten zu Genialer Schachzug: Euro-Debatte entlarvt Demokratie als Farce

  1. wenns wahr ist sagt:

    Und wer wählt die Politiker, die die Verantwortung tragen? Jeder muss selbst gut überlegen wen er wählt; wer nicht wählt oder diejenigen, über die er sich später beschwert, ist selbst schuld wenn es nicht so läuft wie er möchte. Wer mit den Politikern nicht zufrieden ist, solte sich überlegen wie er sich selbst einbringen kann: alle Wege, vom Eintritt in eine Partei über Selbstkandidatur bis zur Parteigründung stehen offen. Aktiv mitmachen!

  2. mia p sagt:

    ja, weniger bloggen, dafür mehr TUN.

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