Nach der langen Nacht

Ich bin wieder wach.

 

Um den Präsidentschaftskampf in den USA zu verfolgen, habe ich die letzte Nacht durchgemacht und heute Nachmittag 4 Stunden seelig geschlafen. Das Ergebnis dieses 6-Milliarden-Spektakels ist, dass jetzt alles so aussieht wie zuvor. Aber so istt es nun einmal in einer Demokratie.

 

Heute haben wir den Geburtstag eines unserer besten Freunde mit einem Frühstück begangen, aber wegen der durchwachten Nacht war ich nur mit anderthalb Ohren, einem flauen Magen und einem Kribbeln um die Augen daran beteiligt.

 

Ich frage mich, warum ich am Ende doch angesteckt war von der Spannung dieses Kopf-an-Kopf-Rennens in den USA. Zwei Kommentatoren meiner Wahlnacht im Hauptblog schrieben lapidar, dass es doch völlig egal sei, wer Präsident sei, die wahre Macht übten ja ohnehin die Bilderberger aus, auch wenn sie sie nicht beim Namen nannten. Mit der Sicherheit der Leute, die immer recht haben, die Wahrheit mit Löffeln gefressen haben, und mit der Arroganz derer, die den Rest der Welt für dämlich halten, taten sie die Präsidentenwahl mit einem Achselzucken ab. Manchmal regt mich das wirklich auf. Glauben die denn, ich sehe nicht auch, dass viele demokratische Prozeduren eine Farce sind? Wenn wir uns aber völlig von ihnen abwenden, wenn wir nicht wenigstens versuchen, irgendwas davon in uns aufrechtzuerhalten, dann geben wir doch jedes Instrument aus der Hand, irgendwann einmal wieder mehr mitbestimmen zu können. Wenn wir die Demokratie von uns aus links liegen lassen, im wahrsten Sinne des Wortes zum Teil, indem wir rechte Parteien wählen, dann können die Regierenden, ob nun Bilderberger, Wirtschaft oder Politik, irgendwann mit Fug und Recht behaupten, dass sich die Demokratie überlebt hat.

 

Doch was mache ich gegen solche Typen? Es ist eine Meinung, die ich auf dem Blog akzeptieren will, weil ich Meinungen achte, auch wenn ich sie nicht teile.

 

Vielleicht sollte ich nicht darüber nachdenken, während ich so müde bin, obwohl es inzwischen wieder geht. Ich frage mich ja auch, warum ich, abgesehen vom Ohrfunk, die ganze Nacht am Rechner geblieben bin. Vielleicht, weil ich tatsächlich in Obama das kleinere Übel sehe und froh bin, dass er wiedergewählt wurde.

 

Heute Abend werden wir gemütlich essen und in einem hervorragenden Buch lesen, über das ich demnächst auch mal was schreiben werde: Der Sturz der Titanen von Ken Follett. Und vermutlich werde ich nicht so spät schlafen.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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