Ehe für alle: Schafft die verbotene Liebe ab!

Liebe ist die stärkste Empfindung die ein Mensch einem anderen Menschen gegenüber zu fühlen in der Lage ist, und sie ist unabhängig davon, welchem Geschlecht, welchem Volk, welcher Religion oder welcher Überzeugung die Partner angehören oder anhängen. Die Liebe steht über jeder Ideologie, und die katholischen Iren haben das verstanden. Herzlichen Glückwunsch.

Mit unglaublichen 62 % Zustimmung haben die Iren eine Verfassungsänderung angenommen, die die Ehe für alle, unabhängig vom Geschlecht, erlaubt. Irland ist damit das erste Land der Welt, dass die Gleichstellung aller möglichen Ehe- und Liebesverhältnisse per Volksabstimmung eingeführt hat. Dabei galt die grüne Insel bis vor 20 Jahren als extrem konservativ und zumindest gleichgeschlechtlichen Liebesverhältnissen gegenüber als sehr intolerant. Homosexualität stand dort bis 1993 unter Strafe. Der wirtschaftliche Aufschwung und die Verjüngung der Bevölkerung Irlands haben dort offenbar ein gewaltiges Umdenken vollbracht. Die Regierungspartei, die die Verfassungsänderung vorgelegt hat, ist eine konservative Partei. Offenbar hat das Votum der Iren auch deutsche Politiker beeindruckt, denn selbst aus der Union hört man nun die Frage, ob eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nun nicht auch in Deutschland möglich sei.

Natürlich ist die katholische Kirche dagegen, und viele Politiker der Union, vor allem aber ihre konservative Basis, möchten sich gern als Moralwächter und letztes Bollwerk gegen den Verfall der Sitten aufspielen. Außerdem wird oft angeführt, dass das Grundgesetz Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt. Was aber unter Ehe und Familie zu verstehen ist, wäre doch einmal einer genaueren Betrachtung und Neubewertung würdig. Es kann doch nicht sein, dass das Grundgesetz nur die reproduktive Ehe schützt, also eine Verbindung zweier Menschen um des Nachwuchses willen. Liebe an sich ist für mich das schützenswerte Gut schlechthin.

Mit der Union, so behauptet die SPD heute feige, sei eine wirkliche Gleichstellung aller Eheformen nicht zu machen. So muss sie selbst kaum Farbe bekennen vor der deutschen Öffentlichkeit, die in weiten Teilen fremdenfeindlich und rechtsgerichtet ist. Die SPD fürchtet offenbar um die wenigen Prozente bei Wahlen, die ihr noch geblieben sind. Dabei ist die Gleichstellung aller Eheformen ein Gebot der Menschlichkeit. Liebe hat sich noch nie nur nach dem Geschlecht gerichtet, das ist auch allgemein bekannt. Die alten Griechen hätten sich wegen unserer komischen Einstellungen die Haare gerauft. Kein Staat, kein Gesetz und keine Behörde hat das Recht, eine Liebesverbindung zwischen zwei oder mehreren erwachsenen Menschen, die sich freiwillig zusammenfinden, zu bestrafen oder auch nur schlechter zu stellen als andere Formen des Zusammenlebens. Und wenn diese Menschen vor dem Gesetz die Ehe, die auf das Leben ausgerichtete Partnerschaft, eingehen wollen, dann ist es ihr natürliches Recht. Denn sie geben damit Gefühlen Ausdruck, die sie empfinden, und die kein Staat beurteilen kann und darf. Das haben die Iren offenbar so erkannt, und es ist auch mit dem Glauben an einen guten, barmherzigen und liebenden Gott sehr gut vereinbar. Denn dieser Gott liebt alle seine Geschöpfe, und von ihrer Liebe zueinander zehrt er.

Wenn all diese Argumente selbst konservativen Unionspolitikern einleuchten, nehmen sie Zuflucht zu einem letzten Argument: Ehe und Familie stehen im Grundrechtekatalog des Grundgesetzes und können daher nicht willkürlich verändert werden. Der Schutz von Ehe und Familie durch den Staat darf in seinem wesensgehalt nicht angetastet werden. So weit, so richtig, doch man kann den Begriff sicher erweitern, und auch das Bundesverfassungsgericht wird sich einer Neubewertung nicht verschließen. Das Grundgesetz ist ja gerade so geschaffen, dass es sich flexibel auch an neue gesellschaftliche Gegebenheiten anpasst, ohne dabei seine Grundwerte aufzugeben. Zumindest hören wir das immer wieder. Beweisen wir es und geben auch in Deutschland endlich die Ehe für alle frei, die größte Selbstverständlichkeit, die es für Menschen geben sollte. Schützen wir grundgesetzlich jede Art von Liebe und positiver menschlicher Gemeinschaft, ohne Ansehen der Person. Zeigen wir endlich, was Gleichheit wirklich bedeutet. Die Iren haben es bereits getan.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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Eine Antwort zu Ehe für alle: Schafft die verbotene Liebe ab!

  1. ronald wolf sagt:

    Ich musste auch so einige Jahre alt werden um wirklich Toleranz zu lernen. In den 60ern und 70ern war Homosexualität etwas Unerhörtes. Als gelernter Kellner hatte ich eine Heidenangst vor den schwulen Kollegen (wie albern). Heute weiß ich, dass es zum größten Teil sehr nette und freundliche Menschen waren. Für meine Vorurteile schäme ich mich heute noch.
    In den 90ern lernte ich viele Leute kennen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lebten. Ist einfach normal. Da gibt es Liebe, Streit, Versöhnung etc. Das ist das Leben ! Jeder sollte auf dieser Welt glücklich werden und kann das auch,
    ohne anderen Menschen weh zu tun. Vorurteile sind grässlich und werden von den Hütern des Alten zu Kampagnen genutzt. Weg mit den konservativen „Heilsbringern“.
    Es wird wirklich Zeit, die Gesetze der Realität anzupassen. Von Irland lernen heißt siegen lernen !

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