Herzlich willkommen zum ersten politischen Kommentar des Jahres 2024.
Mit der schweigenden Mehrheit in Deutschland bin auch ich erwacht. Und
es ist ein extrem befreiendes Gefühl zu wissen, dass am Wochenende mehr
als 1 Million Menschen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie auf
die Straße gegangen sind. In München und Hamburg mussten die
Demonstrationen abgebrochen werden, weil die Kundgebungsplätze zu voll
waren, und trotzdem waren diese Demonstrationen ein Erfolg. Besonders
gefreut hat mich, dass auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
große, mutige Demonstrationen stattgefunden haben. In den letzten
Monaten war ich so gelähmt, habe ständig gesagt, dass mir zu all den
schrecklichen Nachrichten über die AfD, den Nahostkrieg und die
Klimakatastrophe nichts mehr einfällt, dass es jetzt wie ein warmer
Energiestrom ist, der mich wachgerüttelt hat. Spüren Sie, spürt ihr das
auch?
Als das Rechercheteam Correctiv von dem Geheimtreffen bei Potsdam
berichtete, auf dem AfD-Funktionäre, Identitäre und rechtsextreme
Industrielle über einen Plan sprachen, 25 Millionen Menschen mit
Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben, darunter 15
Millionen mit deutschem Pass, haben wohl endlich viele Menschen
begriffen, wie weit wir gekommen sind. In den letzten Tagen gingen viele
Menschen auf die Straße, die noch nie auf einer Demonstration waren.
Kraftvoll, humorvoll und kreativ stellten sie sich den
menschenverachtenden Faschisten entgegen, und die bekamen Angst, was
vorauszusehen war. Zu Tausenden diffamierten sie in den sozialen
Netzwerken die Proteste und schrieben beispielsweise: Bilder sind KI
– Die sind bezahlt worden
– Die sind vom Arbeitgeber gezwungen worden
– Die waren nur zufällig da
– Die wollten nur mal gucken
– Die wurden in Bussen hergebracht
– Das waren in jeder Stadt dieselben
– Es waren gar nicht ALLE Einwohner der Städte da
– Die haben gratis Essen bekommen
– Alles Antifa Terroristen
– Die Regierung hat vorher Demo-Teilnehmer per Anzeige gesucht
– Die wollten nur einkaufen
– Das waren Statisten
– Die Polizei frisiert die Zahlen nach oben
– So viele Menschen passen gar nicht in die Innenstädte
– Du kannst nicht zählen
– Ich wählte trotzdem AfD!
– Ich wähle deswegen jetzt erst Recht AfD!
– Habeck hat die manipuliert
– Die sind alle dumm
– Die wären bei Adolf auch mitgelaufen
– Die haben nur Angst vor der besten Opposition aller Zeiten
– Das sind die ersten, die wir besuchen, wenn wir an der Macht sind
– Du glaubst auch alles, was manipulierte Mainstream Medien dir vorkauen
– Das waren fast nur Antisemiten.
Das waren die 25 häufigsten Kommentare. Was für ein Armutszeugnis.
Ich selbst habe bei der Veröffentlichung der Correctiv-Recherche
gedacht, die Medien würden gar nicht darauf eingehen und sie würde
versacken. Wie schön, mich getäuscht zu haben, vor allem in der
Zivilgesellschaft. Das tut richtig gut.
Doch jetzt kommen wir leider zum Mäckern und Unken. Die Medien, und zwar
die öffentlich-rechtlichen Medien, haben sich am Sonntag, ich muss es so
sagen, als Steigbügelhalter für die Faschisten betätigt. In der Sendung
„Berlin direkt“ des ZDF waren die Proteste zwar das erste Thema, doch es
ging gar nicht um sie, sondern nur um die Reaktion der AfD, die
zeitgleich in Berlin einen sogenannten Bürgerdialog veranstaltete. Drei
Höckefans kamen zu Wort, dann auch Höcke selbst. Aus der
Zivilgesellschaft oder von den über 1 Million Demonstrant*innen niemand.
Wenn die AfD eine Großdemonstration veranstaltet, kommt ebenfalls nur
die AfD zu Wort. Tagesschau und Tagesthemen haben sich ähnlich
verhalten, und AfD-Politiker wurden auch zu Talkshows eingeladen, aber
eben niemand, der oder die wirklich gegen sie sprach. Und dann die
Printmedien vom Montag: Auf Mastodon postete jemand eine
Zusammenstellung der Aufmacher der Zeitungen.
BZ: Aufmacher „Anwohner wollen ihre Parkplätze zurück“. Keine Berichte
über die Demos.
Tagesspiegel: Aufmacher „Manuela Schwesig im Interview. Ich wünsche mir,
dass Olaf Scholz öfter Dialoge mit den Bürgern führt“. Minikachel zu den
Demos mit der Headline „Soziologin zu Protest in Deutschland: Die
schweigende Mehrheit ist zufrieden mit der politischen Lage“.
SZ: Aufmacher: „GDL legt Deutschland von Dienstagabend an für sechs Tage
lahm.“ Minikachel zu den Demos, Headline „In München demonstrieren so
viele Menschen wie seit Jahrzehnten nicht“
FAZ: Aufmacher „Mission im Roten Meer. Wie die EU Handelsschiffe
schützen will“. Keine Berichterstattung über die Demos.
In der Bild wurden die Proteste nicht einmal erwähnt.
Das muss man sich mal vorstellen: Die auflagenstärksten Zeitungen des
Landes gehen fast vollständig über eine der größten Massenkundgebungen
seit der Friedensbewegung vor 40 Jahren hinweg, und die
öffentlich-rechtlichen Medien verschaffen den Feinden der Demokratie aus
falsch verstandener Neutralität heraus eine Bühne. Und natürlich sind
viele Institutionen, darunter auch der Rundfunk, längst von rechts
teilweise unterwandert, das bleibt bei mehr als einem Viertel Zustimmung
unter der Wählerschaft nicht aus.
Ich fürchte, viele Menschen werden wegen der mangelhaften Resonanz der
öffentlich-rechtlichen Medien das Gefühl haben, dass ihr Protest nichts
bringt, und das passt ins Kalkül der AfD. Auch ins Morgenmagazin am
Montag wurde Alice Weidel eingeladen und durfte dort ihre
menschenverachtende Politik erklären. Ich fürchte, der Protest könnte
ebenso schnell abflauen wie er begonnen hat.
Andererseits: Ich habe mich bei der Wirkung des Correctiv-Beitrages
geirrt. Wie schön wäre es, wenn ich mich noch einmal irren würde. Irren
tut manchmal gut. Sorgen wir dafür, dass ich unrecht habe. Alle zusammen
gegen den Faschismus! und: Nie wieder ist jetzt!
Herzlich willkommen, liebe Leserinnen und Leser meines Blogs. Dieser
Text ist ein Experiment. Und ich weiß nicht, ob es so gut funktioniert,
wie ich mir das vorstelle.
Bisher habe ich immer Texte geschrieben, sie dann korrigiert und
schließlich für den Ohrfunk eingesprochen und den gesprochenen Text noch
einmal korrigiert, bevor ich die Texte auf meinem Blog veröffentlichte
und später auch beim Ohrfunk. Diesmal habe ich es genau umgekehrt
gemacht. Ich spreche einen Text live ein.
Ich hoffe, ich mache nicht viele Fehler, aber es ist ein Experiment. Ich
spreche also den Text live ein und danach sende ich ihn an eine mit
künstlicher Intelligenz bestückte Software, um ihn in Text übersetzen zu
lassen. Vermutlich klingt er für Leserinnen und Leser dann ganz anders
als meine üblichen Texte, aber das kann ich nicht verhindern und es ist
ja auch nur ein Experiment.
Ich grüße Sie und Euch im neuen Jahr 2024. Ich hoffe, Sie sind gut
rübergekommen. Ihr seid es auch.
Und alle erfreuen sich des neuen Jahres. Morgen am Mittwoch, wenn es
erheblichen Schneefall geben soll, werden die Kinder vielleicht draußen
im Schnee tollen. Darauf warten wir ja schon lange.
Ich selbst danke, ja, ich bin auch gut rübergekommen, obwohl es ein paar
Probleme gegeben hat. Eigentlich wollten wir in der Nacht zum 1. Januar
direkt um 0 Uhr live senden. Ich stand mit meiner Liebsten draußen auf
dem Balkon und wir wollten miteinander anstoßen.
Das sollte der Anfang unserer Sendung sein. Aber es kam ganz anders.
Mein Freund und Kollege Markus Bruch teilte uns wenige Sekunden nach 0
Uhr mit, dass wir nicht auf Sendung waren.
Mir fiel ein, dass ich offenbar bei meinem Computer einen Knopf zu
drücken vergaß. Ich lief schnell wieder ins Haus und wollte das
nachholen. Dabei bin ich über ein Kabel gestolpert und hingefallen.
Und ich habe mich am Finger verletzt. Eine Freundin sagte mir letzte
Woche, eigentlich hätte das genäht werden müssen. Aber in der
Silvesternacht ins Klinikum fahren, das habe ich dann doch nicht gemacht.
Leider hatten wir auch keine Pflaster und unsere Freundin, die uns hätte
Pflaster geben können, war nicht da. Ich habe also mit Taschentüchern
eine ganze Weile lang versucht, die Blutung zu stoppen, bis es mir
schließlich gelang. Das ist übrigens auch ein Grund für das Experiment.
Ich glaube, ich hätte nicht so gut Texte schreiben können in den ersten
Tagen des neuen Jahres. Ansonsten ging es uns aber gut, danke der
Nachfrage. Sofort nach Beginn des Jahres holten uns die politischen und
gesellschaftlichen Ereignisse ein.
Der Bauernprotest zum Beispiel. Man kann ja der Meinung sein, dass die
Bauern in allem Recht haben. Man kann aber meiner Ansicht nach nicht
glauben, dass die Ampelregierung daran schuld ist.
Oder noch konkreter Wirtschaftsminister Robert Habeck. In Wahrheit läuft
seit 60 Jahren etwas schief in der Landwirtschaftspolitik in
Deutschland. Und dafür ist vor allem die CDU, CSU verantwortlich.
Sie haben dafür gesorgt, dass die Großkonzerne immer bevorzugt wurden.
Je größer die landwirtschaftlichen Betriebe, desto mehr Subventionen,
desto mehr Unterstützung haben sie bekommen. Die kleinen und
mittelständischen Betriebe wurden zu teuer, sie konnten sich am Markt
nicht halten, konnten wegen finanzieller Probleme die Auflagen nicht
erfüllen und starben aus.
Und jetzt, wo es den übrig gebliebenen Bauern tatsächlich auch einmal
ans Geld geht, da protestieren sie. Und was macht die Regierung? Sie
nimmt ihre eigentlich nur sehr geringfügigen Maßnahmen zur
Geldeinsparung bei den Bauern zurück. Das hätten die Pflegekräfte auch
mal schaffen sollen.
Die haben sechs Wochen protestiert und nichts ist passiert. Sie tauchten
nicht in den Medien auf oder nur ganz selten. Die Bauern hingegen
blockierten mit 566 Traktoren ganz Berlin und schon knickte die
Regierung ein.
Leider ist es auch so, dass die Bauern sich häufig mit rechten
Agitatoren verbinden. Das ist das Schlimmste. Und deshalb ist ihr
Protest von rechts gekapert worden.
Wie gesagt, ich glaube, dass die Bauern durchaus ein Recht auf Protest
haben und dass sie auch Gründe für ihren Protest haben. Aber das liegt
an der verfehlten Landwirtschaftspolitik der alten Regierungen. Und
leider grenzen sie sich nicht klar genug gegen rechts ab.
Für mich ist und bleibt die Gefahr von rechts das größte Problem in
Deutschland. Die größte Gefahr für unsere Demokratie, für unsere
Zukunft. Es gibt inzwischen vier oder fünf Petitionen, die ein Verbot
entweder der AfD oder ihrer rechtsextremistischsten Landesverbände
fordern oder darauf ausgehen, dass Björn Höcke Grundrechte aberkannt werden.
Alles gute Ideen. Aber sie bringen die Menschen gegen den Staat auf.
Viele Menschen glauben, dass ein Parteiverbot mit einer Bestrafung der
Parteianhänger einhergeht, was natürlich Unsinn ist.
Viele glauben, die Regierung könne einfach so eine Partei verbieten, was
noch mehr Unsinn ist. In Wahrheit ist für das Parteiverbot das
Bundesverfassungsgericht zuständig. Der Verfassungsschutz sammelt Beweise.
Er stuft Parteien als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextrem ein.
Damit gibt er Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung Beweise oder
Hinweise in die Hand, die es diesen Gremien ermöglichen, beim
Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Parteiverbot zu stellen. Das
Bundesverfassungsgericht prüft zunächst, ob eine solche Klage überhaupt
eine Erfolgsaussicht hätte.
Wenn es immerhin möglich erscheint, dass sie zum Erfolg führen könnte,
wird ein Hauptverfahren durchgeführt. In diesem öffentlichen
Hauptverfahren kommen beide Seiten zu Wort, werden Zeugen vernommen,
Beweise geliefert. Es findet wie gesagt in der Öffentlichkeit statt, wie
jedes andere Gerichtsverfahren auch.
Man kann sich das ansehen. Dann erst entscheidet das Gericht. Ein
solches Verfahren dauert Jahre.
Wenn die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass eine Partei verboten
werden könnte, dann kann das Gericht vielleicht schneller urteilen. Wir
brauchen ein solches Parteiverbot gegen die AfD. Wenn das nämlich nicht
geschieht, dann habe ich die Befürchtung, dass diese Partei bereits 2025
in der Regierung sein könnte, da keine andere Koalition mehr eine
entsprechende Mehrheit haben wird.
Oder spätestens 2029, wenn die Union sich unter dem Druck der
Verhältnisse zu einer Zusammenarbeit entschließt. Ich hoffe nicht, dass
das geschieht. Aber bei Friedrich Merz halte ich das für möglich.
Viel hat sich verändert im neuen Jahr. Wolfgang Schäuble und Franz
Beckenbauer sind tot. Beide haben uns viele, viele, viele Jahre begleitet.
Als Wolfgang Schäuble 1972 in den Bundestag kam, wurde Franz Beckenbauer
gerade zum Helden der Fußballnation. 50 Jahre haben beide gewirkt. Eine
lange Zeit.
Die Zeiten ändern sich. Ich habe heute Morgen einen Artikel gelesen,
oder genauer gesagt eine Artikelüberschrift von Perspective Daily.
Sinngemäß lautete sie, seit ich die Hoffnung aufgegeben habe, fühle ich
mich viel freier.
Ist das die Lösung? Sollte man die Hoffnung auf eine gute Zukunft
aufgeben? Können wir überhaupt nichts mehr tun, um die Klimakatastrophe
zu verhindern und eine autoritäre Regierung abzuwenden? Wenn dem so ist,
wie kann man sich dann freier fühlen, wenn man die Hoffnung fahren
lässt? Eigentlich müsste man sich wirklich miserabel fühlen, wenn man
keine Hoffnung mehr hat. Kann die Aufgabe der Hoffnung Energie
freisetzen? Ich muss den Text wohl mal lesen. Überrascht hat mich, dass
es die Recherche von Korrektiv in die Medien gebracht hat, nach der es
im November ein Geheimtreffen gab, mit dem die Rechten einen Masterplan
beschlossen, Menschen ausländischer Herkunft oder mit
Migrationshintergrund aus Deutschland zu vertreiben, selbst wenn sie
einen deutschen Pass haben.
Es war vielleicht keine Wannsee-Konferenz, auch wenn es ganz in der Nähe
stattfand, aber es erinnerte mich, auch weil dann Spenden für die AfD
und andere Organisationen gesammelt wurden, an die ersten Treffen der
führenden Nazi-Größen mit Industriellen. So war es hier auch. Martin
Sellner, der Führer der Identitären Bewegung war da, zwei, drei
AfD-Leute, zwei Mitglieder der Werteunion, also der CDU, und Industrielle.
Sie alle vereinte dieses eine menschenverachtende Ziel. Kann es Energie
bringen, wenn man die Hoffnung fahren lässt? Sind die Deutschen so
antisemitisch, rechtsextrem, faschistisch? Oder sind wir alle so, wenn
wir, wie ich es schon öfter sagte, den Zustand der Welt als krisenhaft
wahrnehmen? Ist das vielleicht eine natürliche Reaktion? Ich weiß es
nicht. Wenn dem so wäre, fände ich es entsetzlich.
Das sind so Gedanken, die mir durch den Kopf gehen. Es gibt noch viel
mehr. Aber ich merke, dass die Konzentration nachlässt.
Ich spreche langsamer, um keinen Fehler zu machen, keinen grammatischen
Fehler. Sonst müsste ich noch einmal anfangen, zumindest den laufenden
Satz. Einmal ist mir das schon geschehen.
Und ich glaube, ich klinge irgendwie gestellt. Wollen wir mal probieren,
wie ich klinge, wenn ich überhaupt nicht auf meine Worte achte? Das ist
nicht einfach, aber ich versuche es einfach mal. Obwohl ich glaube, da
kommt nur ziemliches Geschwafel bei raus.
Ein solches Experiment habe ich noch nie gemacht. Ich versuche mal
locker zu bleiben, mich zu entspannen. Einfach mit Ihnen zu sprechen,
als würden Sie hier im Raum sitzen und mir zuhören.
In einer lockeren Runde vielleicht. Nicht einfach. Ein vernünftiger
politischer Kommentar kommt dabei nicht raus.
Ich müsste viel zu oft überlegen, würde oft Äh und Öh sagen. Und
irgendwie kann ich meine Gedanken rein beim Reden nicht so gut ordnen
wie beim Schreiben. Andererseits hatte ich die Hoffnung, dass es Zeit
spart, wenn ich einfach nur rede und somit meine Gedanken auf Umwegen zu
Papier bringe.
Wenn ich aber nachher den Text trotzdem noch massiv korrigieren muss,
hat es auch keinen Sinn. Es ist schon verrückt. Auf der einen Seite
befasse ich mich hier mit spannender neuer Technik, der künstlichen
Intelligenz, dem Übertragen von Audio zu Text.
Und zum anderen mit der rechten Gefahr der Klimakatastrophe, dem Tod
berühmter Leute, meinem kleinen Finger, der sich verletzt hatte. Es ist
verrückt, weil das so nebeneinander liegt, so nebeneinander her
passiert. Ich kann hier sitzen, plaudern, Pausen machen.
So kann ich diese Aufnahme nicht für den Ohrfunk verwenden, aber
vielleicht für meinen Blog. Künstliche Intelligenz ist ja auch so ein
Streitthema. Ist sie Fluch oder Segen? Wenn sie mir hilft, meine Texte
von Audio zu Text oder umgekehrt zu übersetzen, dann ist sie für mich
ein Segen.
Wenn sie mir Fragen beantwortet, auch. Wenn diese Fragen aber falsch
beantwortet werden, weil die künstliche Intelligenz nicht herausfinden
kann, welche Antworten richtig und welche falsch sind, die sie in ihrem
unglaublich großen Datenwust gespeichert hat, dann ist sie vielleicht
doch eher Fluch, weil sie Fake News Vorschub leisten kann. Und nichts
brauchen wir so wenig wie Fake News.
Ich glaube, damit beende ich dieses Experiment. Jetzt am Schluss habe
ich mich ja öfter versprochen. Ich bin gespannt, was das Programm, das
mir diese Audiodatei in Text übersetzt, daraus macht.
Ich werde es in jedem Fall auf dem Blog veröffentlichen, damit Sie es
lesen können, damit Ihr es lesen könnt. Ich wünsche Euch und Ihnen alles
Gute und schreibe bald wieder.
Jahreswechsel
]]>
Am 8. Oktober 2023 fanden in Hessen und Bayern Landtagswahlen statt. Mit
zwei Statements wandte ich mich dazu am Abend dieses Wahltages und zwei
Tage später an meine Follower auf Mastodon. Ich glaube, man merkt meinen
Worten die Erschütterung über den extrem deutlichen Aufschwung der AfD an:
„Liebe Freund*innen. – Danke! Danke an alle, die heute in Hessen und
Bayern noch demokratisch gewählt haben. Wir, die wir die Katastrophe
gesehen haben, haben unser Möglichstes getan, am Schreibtisch, auf der
Straße und am Wahlkampfstand. Traurige Wahrheit ist: Eine Demokratie
funktioniert nur mit einer Mehrheit der Demokraten. Die CDU unter Merz
ist offen rechtspopulistisch. In Hessen, meinem Bundesland, haben damit
über 50 % gegen die liberale Demokratie gewählt. Noch so gute
Institutionen und ein noch so gutes, ausgewogenes Grundgesetz werden uns
nicht vor den Faschisten retten, wenn wir nicht die Menschen für die
liberale Demokratie gewinnen. Das haben wir in Bayern und Hessen nicht
erreicht. Auch ich, ein SPD-Ortsvereinsvorsitzender und Blogger, der
seit Jahren gegen die AfD anschreibt, habe nichts erreicht. Auch ich
übernehme die politische Verantwortung. Mit diesen Konsequenzen müssen
wir leben. Natürlich werden wir weiterhin kämpfen für eine Welt der
Mitmenschlichkeit, der Zugewandtheit, des Mitgefühls, der Gleichheit und
der Demokratie. Es wird nicht leichter werden, und wir sehen, dass viele
nichts sehen wollen. Meine Solidarität gilt den Verspotteten und
Geächteten, den Grünen, den mutigen Frauen, der LGBTIQ-Bewegung, den
Geflüchteten, den Armen, den Alleinerziehenden, den Menschen ohne
Perspektive oder Bildung. Es ist möglich, dass unser Kampf für den
Menschheitsfortschritt, gegen den Faschismus und für menschliches
Miteinander in Deutschland erfolglos ist. Wie können Kinder und Enkel
von Massenmördern frei sein von der Saat, die eine gesamte Gesellschaft
in sich aufgenommen hatte. Es gibt keine Gnade der späten Geburt und
keine Entschuldung. Wir alle sind auch im heutigen Miteinander zu mehr
Menschlichkeit und mehr Verständnis aufgerufen. Ich bin müde. Nach 2
Jahren werde ich in zwei Wochen den Ortsvereinsvorsitz der SPD hier in
einem der schwierigsten Viertel meiner Heimatstadt abgeben, weil
persönliche Animositäten sogar noch in diesen Zeiten ein gemeinsames
Arbeiten unmöglich machen. Selbst im Kleinen verstehen sie nicht, was
die Stunde geschlagen hat. Natürlich werde ich kämpfen, doch ich bin
unendlich müde und kraftlos. Mein Dank und meine Solidarität an euch
alle, die ihr echte Demokraten seid.“
Zwei Tage später musste ich eine Begebenheit aufschreiben, die ich
gerade erfahren hatte:
„Es ist Nacht, und bevor ich schlafen gehe, hier noch eine kleine, wahre
Geschichte. – Meine Kollegin, die Ortsvorsteherin unseres Viertels, fuhr
mit der Gemeinde ein Wochenende in einen Kurzurlaub. Sie hat in den
letzten 30 Jahren den Ortsbeirat aufgebaut, ist extrem beliebt und seit
vielen Jahren Ortsvorsteherin für die SPD. Alle kennen sie, alle mögen
sie, alle wenden sich mit Problemen an sie: Eine Wohnung für ein
Flüchtlingspaar, Eis auf der Fußgängerbrücke, Müll im ganzen Viertel.
Alle wollen, dass sie Ortsvorsteherin bleibt, sie ist für jeden und jede
da, streitet sich für jedes Einzelschicksal mit Stadtverwaltung und
Landkreis. – Auf der Busfahrt nach Hause kamen am Sonntag die
Wahlergebnisse durch. Der ganze Bus johlte, als bekannt wurde, dass die
AfD so stark geworden war. Dann johlten sie noch mehr, als die SPD so
schwach wurde. Sie johlten der Frau, die 30 Jahre lang alles für sie und
ihre Kinder getan hatte, gehässig ins Gesicht. Das erschüttert mich. In
unserem Viertel leben Menschen aus 90 Nationen, die AfD hat mehr als 35
% bekommen. Die Leute aus den verschiedenen Nationen reden nicht
miteinander. Nur im Bürger*innennetzwerk für soziale Fragen und in der
Gemeinde trifft man sich, es sind immer auch die Vertreter*innen
migrantischer Vereine dabei, aber immer dieselben Leute. Unterhalb
dieser Gesellschaftsspitzen bleibt man unter sich. Ohne dieses
Bürger*innennetzwerk hätte es hier längst geknallt. Alle wissen, was sie
unserer Ortsvorsteherin zu verdanken haben, aber sie johlen sie aus, im
Bus, am Ende einer Urlaubsreise mit Menschen, die sie kennt, weil sie
ein Herz für alle hat. Ich finde das unvorstellbar grausam und traurig.“
Es hat mich wirklich erschüttert, und es fiel mit dem Ende meiner
eigenen, erfolglosen, zweijährigen Tätigkeit als SPD-Ortsvorsitzender
zusammen. Was sollte ich da noch schreiben?
Und dann war da ja noch dieses andere Thema: Der Überfall der Hamas auf
Israel und die Folgen. Am 13. Oktober schrieb ich auf Mastodon:
„Ich habe mich schon seit meiner Schulzeit mit dem Nahost-Konflikt
befasst, und das ist über 30 Jahre her, war ein Steckenpferd meines
Gemeinschaftskundelehrers. Die jetzige Entwicklung ist so grausam und
gleichzeitig so vorhersehbar, dass mir die Worte fehlen. Die Hamas ist
eine Terrororganisation, die ohne jedes Erbarmen friedliche Menschen
entführt und ermordet hat, und zwar im Wissen um die Reaktion Israels.
Das zeugt auch von einem beispiellosen Zynismus gegenüber der eigenen
Bevölkerung. Denn das Ziel der Hamas ist ein Vernichtungskrieg der
arabischen Welt gegen Israel. Wenn Israel mit brutaler Härte reagiert,
wie die Hamas hofft, dann geraten die Nachbarstaaten, insbesondere der
Iran, unter Druck, militärisch gegen Israel vorzugehen. Vielleicht sogar
Ägypten, das mit Israel einen Friedensvertrag hat. Das ist nach meiner
Meinung die Logik der Hamas. Gleichzeitig spielt die Hamas dabei
Ministerpräsident Netanjahu in die Hände, der die innerstaatliche
Opposition ausschaltet, indem er eine Kriegsregierung formiert, die
Proteste gegen seinen Versuch, die Demokratie abzuschaffen, unterdrückt
und dem Krieg unterordnet und damit seine Agenda des autoritären,
rechtsnationalen Staates durchsetzen kann. Die Hamas hilft also auch
ihm. Was für furchtbare, zynische Gedanken, während überall unschuldige
Menschen sterben. Ich solidarisiere mich mit Israel, es wurde feige und
hinterhältig angegriffen. Ich solidarisiere mich mit den Menschen dort,
nicht mit der nationalistischen Regierung und ihren Zielen. Und ich
solidarisiere mich mit den Menschen in Gaza, sie werden angegriffen und
zur Flucht gezwungen werden. Ich solidarisiere mich nicht mit der Hamas,
da gibt es keine Rechtfertigung. Eigentlich kennen alle diesen
furchtbaren Automatismus, der Menschen nur noch wie Bauern, Vieh,
Verschiebemasse und Kanonenfutter behandelt, und niemand schafft es, aus
diesem Teufelskreis auszubrechen. Ministerpräsident Rabbin hat es damals
für eine Weile geschafft. Deshalb war er jeglichen Radikalen ein Dorn im
Auge. Die Welt ist verrückt, und wer weiß, wie die heimliche Atommacht
Iran reagiert. Das macht mir schlaflose Stunden. Trotzdem muss ich
versuchen zu schlafen. Gute Nacht.“ Als ich diese Zeilen schrieb, wusste
ich noch nichts von den grausamen Massakern, die die Hamas bei ihrem
Einfall in Israel angerichtet hatte, insbesondere nicht von den
grausamen Vergewaltigungen und Ermordungen wehrloser Frauen und Mädchen.
Und das im Namen einer Religion, die die Ehre der Frauen für besonders
schützens- und bewahrenswert hält.
Ich konnte und kann nur das Offensichtliche sagen, nur wiederholen, was
andere Menschen schon gesagt haben. Und das hielt ich für sinnlos. Also
habe ich nichts in dieses Blog geschrieben. – Doch andererseits darf
keine Stimme der Vernunft und der Demokratie, keine Stimme der
Mitmenschlichkeit verstummen. Mit meiner Liebsten habe ich darüber
debattiert, wie meine Beiträge und Kommentare aussehen sollten. „Es
nützt nichts, wenn du den Leuten immer noch mehr schwarzen Dreck auf die
Teller kippst“, sagte sie. Was aber, wenn ich keine positive
Aufbruchsstimmung fühle? Was, wenn die Angst stärker ist als der
Optimismus? Soll ich dann von Angst sprechen und mich verletzlich
zeigen? Soll ich von Kampf und Durchhaltewillen schreiben? Ich möchte
einordnen und erklären, was geschieht, möchte ruhig und sachlich
sprechen, nicht alarmistisch, nicht verharmlosend. Eine echte
Gratwanderung. Wer hört heute noch zu? Wer weiß nicht im Vorhinein schon
alles besser? Wer lässt wen noch ausreden? Vor Jahren hat Sascha Lobo
schon geschrieben, dass wir auf einer kleiner werdenden Insel
demokratischer Gesinnung leben, und dass es unser Ziel sein muss, die
Menschen zurückzuholen, die am Rande dieser Insel Gefahr laufen, in den
Strudel des Autoritären zu geraten. Der Bauernprotest, auf den ich in
einem meiner nächsten Postings eingehen möchte, zeigt deutlich, wie
plump und falsch die Regierung versucht, die Sorgen der Bürger*innen
ernstzunehmen. Ihr Versuch besteht im Nachgeben, und damit sendet sie
ein Signal, noch höhere, noch unverschämtere und noch unsolidarischere
Forderungen zu stellen. Wer am lautesten schreit, bekommt recht. Die
Pflegekräfte, die wochenlang protestierten, wurden nicht gehört, sogar
ignoriert. „Wenn der Bauer stirbt, stirbt das Land“, so lautet einer der
Slogans des Protestes. Und was ist, wenn niemand mehr Pflegen will? Was
also soll man noch schreiben, wenn die Ellenbogen gehört werden und
Erfolg haben, die sanften Töne aber bestenfalls ignoriert und
schlimmstenfalls verspottet werden?
Deshalb habe ich nicht geschrieben und keinen Kommentar für den Ohrfunk
verpasst. – Doch das ist auf die Dauer keine Lösung. Lethargie ist nicht
hilfreich, sie spielt nur denen in die Hände, die uns ohnehin
einschüchtern wollen. Also schreibe ich halt wieder, wenn ich auch nicht
weiß, wie oft.
Seit 2020 kenne ich die Band Shiregreen aus Rotenburg an der
Fulda. Tina, eine liebe Freundin, die dort wohnt, stellte sie mir und
meinen Freund*innen in unserer Hitparade vor. Von Anfang an waren wir
begeistert von ihrer Musik, fanden viele ihrer Lieder sehr schön. Es
ging um persönliche Lebenserfahrungen von Klaus Adamaschek, dem Gründer
und Bandleader, und seiner Familie. Es ging um Reisen, musikalische
Vorbilder, um das Zusammenleben der Generationen, um Freundschaft, Trost
und Musik. Es ging aber auch immer mal wieder um die Welt, um die Klaus
sich so große Sorgen macht wie wir alle. Im November 2020
veröffentlichte er ein Lied gegen Donald Trump und gab mir ein Interview
für die US-Wahlnacht-Sendung des Ohrfunks. Kurz zuvor war er durch die
USA gereist und hatte dort mit vielen Menschen gesprochen. Nach Beginn
des Ukraine-Krieges konnten wir uns seine Band bei Werner Reinke im
hessischen Rundfunk wünschen, und wir waren mehrfach auf den Konzerten
seiner Band.
Jetzt hat Klaus ein neues Lied mit einem dazugehörigen Video
veröffentlicht. Zusammen mit seinem Sohn Paul Adamaschek und mit dessen
Frau Marisa Linß singt er den Titel „Da draußen in der Welt“
und wendet sich mit dem Text und mit dem Video direkt an die Menschen,
die so verblendet sind, die AfD zu wählen. Er schreibt dazu: „… Mir
persönlich machen die faschistischen Tendenzen in unserer Gesellschaft,
gepaart mit Ignoranz und Hass, ganz große Sorgen. Ich finde, es ist kurz
vor zwölf, und jeder von uns sollte mit seinen ganz eigenen Mitteln
dagegenhalten.
Meine persönlichen Mittel sind Lieder und Bilder, und so habe ich mit
Marisa Linß und Paul Adamaschek von meiner Band Shiregreen einen Song
eingespielt, den ich euch heute mit einem ganz aktuellen Video ans Herz
legen möchte, hier der Link zu „Da draußen in der Welt“:
Der Text spricht schon Bände, doch Klaus hat noch mehr getan. Auf meine
Bitte hin schrieb er einen Text, in dem er die Bilder des Videos kurz
erklärt, damit auch Menschen mit Sehbeeinträchtigung die Aussage des
Videos, seine Kraft und eindeutigkeit miterleben können.
Hier ist, was Klaus Adamaschek zu seinem Video schreibt. Lieber Klaus:
Vielen Dank dafür. Und übrigens: Es ist toll, wie ihr drei zusammen
singt und spielt.
„Beschreibung des Bildervideos zum Song
“Da draußen in der Welt”
Hinweis:
Für jede Textzeile ist ein eigenes Bild untergelegt, das die Aussage des
Textes verdeutlicht und verstärkt. Die Bildauswahl ist eine Mischung aus
aktuellen Fotos aus Deutschland (AfD-Redner, Demonstrationen und
Neonazis), historische Hintergrundinfos (Marshall-Plan, Care-Pakete,
Wiederaufbau, Gestik Hitler und Goebbels) und sehr emotionalen Fotos
(Augen hungernder Kinder, Flüchtlinge im Mittelmeer).
“Was glaubst du eigentlich, wer du bist
Hältst große Reden über Gott und die Welt
Und du tust so, als ob nur du die Welt verstehst
Und dann ist Deutschland das einzige, was zählt”
Video 1. Strophe:
1. Björn Höcke mit einer theatralischer Geste vor deutscher Fahne
2. Demonstrierende und grölende Neonazis, davor Polizei
3. Demonstration mit “Ausländer raus”-Plakat
4. AfD-Demonstration vor Bundestag mit “Unser Land zuerst”-Plakat
“Deutschland den Deutschen, so muss das wohl sein
Die haben ihr Land mit bloßen Händen aufgebaut
So was von fleißig, schafften alles ganz allein
Haben nie nach links, nur ganz leicht nach rechts geschaut
Doch du musst jetzt ganz tapfer sein.”
Video 2. Strophe:
1. Deutsche Soldaten ziehen 1933 in Weimar mit Hitlergruß an Adolf
Hitler vorbei
2. Deutsche Männer und Frauen in qualmenden Trümmern 1945
3. Güterwagen aus Mitteln der Marshall-Plans 1946
4. Verteilung von Care-Paketen in Berlin 1949
5. Glatzköpfiger Neonazi von hinten mit Reichsadler auf schwarzer Jacke
“Denn dass du hier lebst, das ist nicht dein Verdienst
Und all der Reichtum ist doch nur geliehenes Geld
Es ist reiner Zufall, dass du hier geboren bist
Und übrigens, fleißig ist man auch woanders auf der Welt, da draußen in
der Welt.”
Video 1. Refrain:
1. Skyline und restaurierte Altstadt von Frankfurt am Main
2. Drei goldene Kreditkarten
3. Die blaue Erdkugel mit Blick auf das leuchtende Europa
4. Afrikanische Frauen bei der Baumwollernte
5. Slums und Wolkenkratzer in Mumbai
Video Instrumental Mundharmonika:
1. Hungernde Kinder in Afrika
2. Kleiner Junge hinter Stacheldraht
3. Von Armut geprägtes Mädchen in Bangladesh
4. Junge im Fadenkreuz des Krieges
“Du, ich muss dir was sagen, auch wenn ich weiß, du hörst nicht zu
Das, was du da redest, ist nur unvergorener Mist
Hätten die da draußen damals so gedacht wie du
Dann wär dein Deutschland nicht das, was es heute ist
Und du musst jetzt ganz tapfer sein.”
Video 3. Strophe:
1. Björn Höcke als Redner mit aufgerissenem Mund und gehobenem Zeigefinger
2. Joseph Göbbels redet 1943 mit exakt der gleichen Mimik und Gestik im
Berliner Sportpalast
3. John F. Kennedy 1963 bei seiner Rede in Berlin, neben ihm Willy Brandt
4. Henry Morgenthau 1944 und sein Buch “Germany is our problem” mit dem
Morgenthau-Plan
5. Glatzköpfiger Neonazi von hinten mit Aufdruck “Skinhead – stolz und weiß”
“Denn dass du hier lebst, das ist nicht dein Verdienst
Und all der Reichtum ist doch nur gestohlenes Geld
Es ist doch nur Zufall, dass du hier geboren bist
Und übrigens, gebetet wird auch woanders auf der Welt“
Video 2. Refrain:
1. Belebte Einkaufszone in deutscher Großstadt
2. Näherinnen in einer engen Fabriketage in Bangladesh
3. Familie auf Lehmboden in Ostafrika
4. Betende farbige Kinder in Mission in Afrika
“Dass du hier lebst, das ist nicht dein Verdienst
Du könntest genauso auf Ruandas Straßen stehn
Du hast doch nur Glück, dass du hier geboren bist
Doch du hast doch die Freiheit , jederzeit zu gehn”
Video 3. Refrain:
1. Flüchtlinge auf Schiff im Mittelmeer
2. Flüchtlinge auf kenterndem Schiff im Mittelmeer
3. Flüchtlinge schwimmen neben gekentertem Schiff im Mittelmeer
4. Gestrandetes Flüchtlingsboot mit Rettungswesten am Ufer
“Dass du hier lebst, das ist nicht dein Verdienst
Mach die Augen zu, dann siehst du, was dir gehört
Sei doch einfach dankbar, dass du hier geboren bist
Und falls nicht, da hinter ist die Tür … die Tür nach draußen …
Die Tür nach draußen in die Welt”
Video 4. Refrain:
1. Weihnachtsbeleuchtung Berlin bei Nacht
2. Einfach nur ein schwarzes Bild
3. Anti-AfD-Demonstration mit Plakat “Zu Respekt, Toleranz und
Menschlichkeit gibt es keine Alternative””
4. Anti-AfD-Plakat “Keine Alternative für Deutschland”
5. Geöffnete Tür, die aus einem dunklen Raum nach draußen führt.“
Lieber Klaus, vielen herzlichen Dank.
[category Leben, Musik, erlebte Geschichte, Politik]
[tags Shiregreen, Song, Band, AfD, Faschismus, Video, Bilder,
Bildbeschreibung]
Alles ist wieder beim Alten. Mein gesamtes Blog ist wieder da, wo es
hingehört, nur die Adresse hat sich offiziell geändert. Und ich habe mir
Gedanken darüber gemacht, was ich jetzt damit anfange.
Das Glück war mir hold, ich konnte meine 963 Artikel meiner 18jährigen
Arbeit mühevoll retten. Dabei habe ich das Blog massiv abgespeckt, und
ich stricke noch an der Sicherheitsarchitektur. Und die Adresse hat sich
geändert. Statt blog.jens-bertrams.de heißt sie jetzt
wahrenhaus.jens-bertrams.de – allerdings kann man auch unter der
alten Adresse das Blog noch erreichen. Wichtig ist aber, dass ich
weiterhin bloggen werde, hoffentlich wieder häufiger als in den letzten
Jahren. Denn es nützt ja nichts, sich vor der Welt zu verschließen, sie
ist da, sie muss bewältigt werden.
Dieses Blog sollte früher auch immer ein Ort der Kommunikation sein, und
es würde mir Freude machen, wenn es das auch wieder werden würde. Als
ersten Schritt dahin habe ich einen Newsletter eingerichtet. Ihr könnt
euch eintragen, dann solltet ihr immer dann eine Mail bekommen, wenn es
hier etwas Neues gibt. Mit diesem Posting probiere ich es aus, denn ich
habe mich selbst und meine Liebste eingetragen. Außerdem werde ich eine
Verbindung zum Fediverse schaffen. Ich bin auf Mastodon aktiv, statt
wie früher auf Twitter, das jetzt X heißt, wie Reider heute Twix heißt.
Dabei will ich aber auf Plugins verzichten, die von großen Konzernen
gemacht wurden, wozu ich auch Automattic zähle, die Firma, die
wordpress.com betreibt. Das Jetpack-Plugin ist damit für mich auch
erledigt, das nur für Leute, die WordPress kennen.
Vor einigen Monaten habe ich die Kommentarfunktion des Blogs praktisch
vollständig abgeschaltet. Das habe ich auch getan, um jenen Nazi
loszuwerden, der mich viele Jahre lang nervte. Dabei habe ich nichts
gegen sachliche Debatten mit durchaus unterschiedlichen Meinungen. Ich
denke also darüber nach, wie ich gewährleisten kann, dass hier
vernünftig debattiert werden kann. Eine Möglichkeit ist, dass nur
debattieren kann, wer sich mit Mailadresse auf meinem Blog registriert,
und zwar mit gültiger Mailadresse. Ich halte das für eine gute
Möglichkeit. Man könnte sich registrieren, muss das aber über eine Mail
bestätigen, oder wird von mir erst freigeschaltet, nachdem wir Mails
ausgetauscht haben. Ich habe mir geschworen, dass es hier nie wieder
Hass und Hetze geben wird. Ob ich aber diese Kommentarfunktion
freischalte oder ermögliche, wird sich an dem Interesse zeigen, das
dieser Idee von euch entgegengebracht wird. Also: Was meint ihr?
Da ich derzeit kein Kontaktformular habe, müsst ihr es über meine
Mailadresse versuchen, die man im Impressum finden kann.
So: Damit bin ich am Ende dieser langen Rückgewinnung meines Blogs und
kann mich auch wieder anderen Themen zuwenden.
Vielen Dank für’s Lesen.
]]>Ich habe ein paar Tage mit mir gerungen, doch jetzt habe ich mich
entschieden: Ich werde zu WordPress zurückkehren.
Dabei gefällt mir write.as wirklich sehr gut. Es ist aufgeräumt, klein,
nett und friedlich, und es ist nahe am Fediverse. Doch es hat keine
Suchfunktion, und eine echte Navigation ist auch nicht drin, die
Beiträge stehen einfach untereinander. Schade, dass WordPress kein
Markdown mehr unterstützt, wenn man nicht mit dem neuen Editor arbeitet,
was für uns blinde Benutzer ein Greuel ist. Die Links via Markdown in
meinen Beiträgen zu setzen, habe ich schätzen gelernt.
WordPress ist anfälliger für Angriffe von außen, auch weil es von mir
selbst gehostet wird. Ich werde mich wieder mehr um die Sicherheit
kümmern müssen.
Die Alternative wäre, sich zu fragen, ob sich Bloggen überhaupt noch
lohnt. Ich habe meine Kommentarfunktion praktisch abgeschaltet, nur
Nutzerinnen und Nutzer, denen ich es ermögliche, sich auf der Seite zu
registrieren, dürfen auch kommentieren. Das ist für die meisten Leute
heute schon zu viel Aufwand. Mit dem write.as-Blog wäre ich zumindest
potenziell Teil einer Community von anderen write.as-Nutzerinnen und
-Nutzern gewesen.
Trotzdem: Das write.as-Blog eignet sich für kleine Projekte, für Leute,
die ihre Gedanken als Buch herausgeben wollen, was ich vielleicht auch
mal will, die aber keinen Wert auf die Durchsuchbarkeit und gute
Navigierbarkeit legen. – Andererseits: Ich finde es toll, dass man das
write.as-Blog als Ebook herunterladen kann.
Vielleicht behalte ich es im Hintergrund und stelle meine Artikel in
beide ein? Zumindest vorübergehend wäre das doch eine gute Idee.
Im großen und ganzen werde ich aber in den nächsten Tagen zu WordPress
zurückkehren.
Als ich mich in den letzten Tagen mit meinem alten Blog befasste, ist
mir aufgefallen, dass ich früher oft über kleine Dinge schrieb, die ich
hörte und erlebte. Das konnten Ereignisse aus meinem Leben sein, aber
auch News, die für den Moment bedeutsam waren. Damals habe ich mir zu
vielen Dingen meine Gedanken gemacht, aber seit ungefähr 10 Jahren
lähmte mich die weltpolitische Großwetterlage immer mehr, und ich hatte
keinen Platz mehr für die kleinen Dinge des Lebens. Das merkte man auch
im Blog. Heute morgen hörte ich in HR1 eines dieser Kurzinterviews,
diesmal mit dem schweizer Schriftsteller Rolf Dobelli, der in seinem
Buch „Die Kunst des digitalen Lebens“ für einen kompletten
Nachrichtenverzicht eintritt. Eine radikale These, die ich aber gut
verstehen kann.
Früher war ich ein Nachrichten-Junkie, doch seit einigen Jahren weiß
ich, dass mir zu viel News-Konsum nicht gut tut. Ich habe meine
täglichen Nachrichten so weit reduziert, dass ich während meines
jährlichen Urlaubs gar keine Nachrichten höre, und im Rest der Zeit nur,
was ich so aufschnappe, oder was mir auf Mastodon mitgegeben wird. Ich
dachte auch immer, ich würde etwas verpassen, wenn ich nicht täglich
mindestens einmal die Radionachrichten hörte, doch das ist ein Irrtum.
Trotzdem fand ich es schwierig, als Rolf Dobelli heute morgen sagte, man
könne vollständig auf den täglichen Nachrichtenstrom verzichten, damit
würde uns ohnehin nur Lebenszeit gestohlen. Was wirklich wichtig sei, so
Dobelli, würden wir schon erfahren. Wenn es uns selbst betreffe, würden
wir informiert werden, und ansonsten wären Hintergrundlektüre und
vertiefende Information über Dinge, die einen wirklich interessieren,
viel besser für unser Wohlbefinden. Die Welt und ihre Nachrichten rauben
uns den Verstand, sagt der Autor. Er hat schon öfter so Ratgeberbücher
geschrieben: „Die Kunst des guten Lebens“ zum Beispiel. Normalerweise
würde ich solche Bücher nicht einmal mit der Kneifzange anfassen, es
schüttelt mich schon beim Titel, ich kann mit Ratgeberliteratur nichts
anfangen. Der Punkt ist hier jedoch, dass Dobelli eine zugegeben heftige
These mit wissenschaftlichen Fakten untermauert, und dass er von seinen
eigenen Erfahrungen berichtet. Er selbst lebt seit rund 15 Jahren ohne
Nachrichtenhäppchen. Ich glaube, ich werde mir dieses kleine Buch mal
durchlesen. Vielleicht lerne ich dabei, wie man auch mal die große,
lähmende Welt abschüttelt und wieder Platz hat für die kleinen,
vielleicht auch mal schönen Dinge im Leben, die Kraft geben, anstatt sie
zu nehmen.
Vorgestern vor einem Monat musste ich mein altes Blog löschen und habe
angefangen, auf diesem neuen Blog zu schreiben. 963 Texte und 1700
Kommentare aus 18 Jahren Arbeit schienen unrettbar verloren. Doch vor
fünf Tagen stellte ich fest, dass das nicht stimmt, und jetzt stehe ich
vor der Frage: Mache ich dieses Blog weiter oder kehre ich zu meinem
alten mit WordPress zurück, auch wenn sich die Adresse etwas ändern
würde. Dies ist die Geschichte einer Rettungsaktion, mit der nicht nur
ich mich bestimmt 40 Stunden beschäftigt habe. Und dass sie
funktionieren würde, damit habe ich nicht gerechnet.
Als das Wa(h)renhaus von Viren verseucht wurde, blieb mir nur, radikal
das gesamte WordPress zu löschen, ohne lange darüber nachzudenken. Gott
sei Dank löschte ich nicht auch gleich die Datenbank, sonst hätte ich
heute nichts zu schreiben. Geistesgegenwärtig lud ich mir eine
vollständige SQL-Datei der Datenbank auf meinen Rechner. Ich stellte mir
vor, die Texte aus der Datei herauszusuchen und separat zu speichern,
merkte aber schnell, dass das unmöglich war. Die Umlaute der Texte sahen
furchtbar aus, die Überschrift der Texte stand nicht am Anfang, sondern
am Ende, und es standen viele Sonderzeichen darin, die mir das Lesen
sauer machten. Durch meine liebe Freundin @andijah@brotkru.me wurde ich
auf das Internet Archive hingewiesen, bei dem meine Seite noch vorhanden
sei. Ich schaute nach und stellte fest, dass sie recht hatte. Doch die
Seite war nicht in einem Stück vorhanden. 93 mal war der Crawler des
Archives über meine Seite gekrabbelt und hatte sich jeweils nur geholt,
was neu war. Ich hätte mir alle Stücke nacheinander holen müssen, und ob
ich sie dann hätte zusammenbauen können, weiß ich bis heute nicht. Ich
sag es ja immer wieder: Auf Mastodon findet man sehr nette
Leute. Diesmal war es @petros@literatur.social – Er bot sich an, den
Download zu automatisieren und dafür ein Script zu schreiben, dann
könnte er die Stücke meiner Seite zusammenfügen. Ich war wirklich sehr
erfreut, denn der Verlust der Texte schmerzte mich doch sehr.
Zeit verging.
Am vergangenen Freitag, 11.08.2023, wollte ich die verseuchten Artikel
und Einträge aus der Datenbank entfernen, als ersten Schritt zur
Wiedergewinnung der Texte sozusagen. Dabei stellte ich etwas
erstaunliches fest: Es waren nur 6 Einträge vorhanden, die
unentzifferbaren Code enthielten, und sie waren eindeutig zu erkennen.
Ich tat etwas, was ich sehr ungern tue: Ich loggte mich mit dem Tool
PHPMyAdmin in die Datenbank ein, rief die Tabelle mit den Beiträgen auf
und löschte die sechs betroffenen Einträge. Das ist eigentlich nicht
besonders schwer, doch leider ist PHPMyAdmin für mich etwas verwirrend
aufgebaut, und ich kenne längst nicht alle funktionen. Trotzdem gelang
es mir. Da ich nicht wusste, ob ich das Datenbankpasswort noch hatte,
das Login im PHPMyAdmin geht ohne, kopierte ich mir die jetzt saubere
Datenbank auf meinen Rechner und versuchte, mit einem Offline-Tool
Wordpress auf meinem Privatrechner ans Laufen zu bringen. Das misslang
aus verschiedenen Gründen, vor allem, weil die Links in den Tabellen von
Wordpress nicht funktionierten, und weil die WordPress-Version, die ich
verwendete, zu alt war. Also richtete ich auf meinem Webspace von Hand
eine neue Datenbank ein und füllte sie mit dem gesäuberten Inhalt der
alten. Dann lud ich das veraltete WordPress hoch und verband es mit der
Datenbank. Nach einigem hin und her schaffte ich es, das Programm ans
Laufen zu bringen, konnte mich einloggen und WordPress sowie ein paar
wenige Plugins, die ich dringend brauchte, auf den neuesten Stand
bringen. Nichts ist so tödlich für ein WordPress-System wie
Nachlässigkeit beim Update. Wenn man sich nicht um das System kümmert,
kommen die Viren haufenweis. Um das WordPress übrigens startklar zu
machen, musste ich in der Datenbank verschiedene Einstellungen ändern,
weil ich ja nicht mehr auf meiner alten Blogadresse war. Das war eine
ziemliche Rödelei, bis es endlich ging.
Das nächste Problem tauchte sofort auf: Die Umlaute wurden nicht korrekt
dargestellt. Auf meinem alten Blog hatte das funktioniert, aber dort
hatte ich ein Plugin verwendet, das alle Umlaute korrekt darstellte,
egal mit welchem Zeichensatz sie ursprünglich geschrieben waren. Man
muss dazu wissen, dass alte WordPressversionen mit dem Zeichensatz
Iso8859-1 arbeiteten, seit Jahren aber nur noch UTF-8 benutzt wird.
Jetzt stellte ich fest, dass die Einträge in der Datenbank nicht
verändert worden waren, nur die Ausgabe hatte das Plugin korrigiert. Was
sollte ich nun tun? Die Seite sah fürchterlich aus. Ich schaute mich
etwas im Internet um und fand diesen
Beitrag, in dem sogar gleich die SQL-Befehle mitgeliefert wurden. Da
ich selbst keinerlei Programmier- oder Scriptsprachen beherrsche, seit
die Batch-Datei aus der Mode gekommen ist, war ich sehr dankbar und
probierte es aus. Und es hat funktioniert.
Mein Ziel war ja, das Blog so wieder aufzusetzen, dass ich es dann in
eine statische HTML-Seite verwandeln und nur noch als Archiv nutzen
konnte. Also lud ich mir ein Plugin für WordPress herunter, mit dem ich
eine statische Seite erzeugte. Die hat den Vorteil, dass sie keinen
aktiven Code enthält und von Viren und Schadsoftware nicht angegriffen
werden kann. Ich wandelte die Seite testweise um und erhielt 266
404-Fehleraufrufe. 266 Seiten auf meiner Website konnten nicht
angesteuert werden. Wie war das möglich?
Ich war selbst schuld. Irgendwann im Jahr 2015, nachdem ich das Blog
schon 10 Jahre betrieben hatte, wechselte ich die Seitenstruktur, um
mein Ranking bei den Suchmaschinen zu verbessern, was übrigens überhaupt
nichts half. Meine Struktur war bis dahin /Jahr/Monat/Tag/Post-ID/. Die
Post-ID ist bei WordPress einfach die laufende Nummer des Beitrages.
So gab es früher einen Beitrag, der in meinem Blog unter dem Pfad
/2005/06/07/19/ zu finden war. 2015 änderte ich die Struktur zu
/Jahr/Monat/Postname/, und von diesem Zeitpunkt an war der entsprechende
Beitrag unter /2005/06/nach-dem-mord-an-theo-van-gogh/ zu finden. Wenn
jemand von außen auf den alten Pfad verlinkt hatte, konnte man den
Beitrag jetzt nicht mehr finden, die Adresse stimmte nicht mehr. In der
Navigation innerhalb meines Blogs war das egal, WordPress änderte die
internen Links, die es selbst erzeugt hatte. Allerdings galt das nicht
für Links, die ich selbst in einem anderen Beitrag geschrieben hatte.
Wenn ich also später irgendwo in einem Posting auf den Beitrag verlinkt
hatte, blieb der falsche Link bestehen. Gott sei Dank gab es sogenannte
Weiterleitungsplugins, die alle Anfragen auf die alten Adressen auf die
neuen umleiteten. So etwas benutzte ich. Ich weiß heute nicht mehr, ob
auch die von mir in anderen Beiträgen gesetzten Links von dem Plugin mit
berücksichtigt wurden, das ist aber auch egal, denn das Plugin ist
veraltet und kann von mir nicht mehr genutzt werden. Bei der schnellen
Löschaktion vor einem Monat habe ich es ebenfalls gelöscht. Die Plugins
von heute können zwar nach bestimmten Schemata weiterleiten, doch nicht
allgemein von Post-ID auf Postname. Keines dieser Plugins schafft es, in
der Datenbank die Post-ID abzurufen und dann alle notwendigen
Weiterleitungen einzurichten. Den Samstag Abend und den Sonntag morgen
über habe ich einige dieser Plugins getestet.
Schließlich entschied ich mich für ein extrem einfaches, das sogar ich
verstand. Es heißt Simple 301
Redirects und war einfach zu bedienen. Ich musste nur für jede
Weiterleitung in ein Feld den alten Pfad eintragen, und in ein zweites
Feld den neuen Pfad. Doch wie sollte ich wissen, welche Post-ID zu
welchem Postname gehörte? Mir half die Datenbank weiter. Mein Vorgehen
zwischen Sonntagmittag und Dienstagmittag habe ich einem Freund
gegenüber in einer Mail so beschrieben:
„Wenn ich jetzt auf einen Link in der alten Struktur stoße, muss ich in
meiner Offline-Kopie der Datenbank nach der Post-ID suchen, dann kommt
der Text, von dem ich eine Portion Online in die Suchmaschine der Seite
eingebe, die findet dann den Link mit der heutigen Struktur, und ich
schreibe in ein Umleitungsplugin eine Tabelle mit altem und neuem Link.
Das sieht dann beispielsweise so aus:
request,destination
/2005/09/18/96/,/2005/09/warum-die-f-d-p/“
Für die 266 Weiterleitungen habe ich fast 2 Tage gebraucht, eben weil
ich erst mühsam und über die Suchmaschine den neuen Pfad herausfinden
musste. Und als ich fertig war, begriff ich, dass mir das überhaupt
nicht nützt, wenn ich die Seiten in HTML umgewandelt habe. Die
Weiterleitungen funktionieren nur in WordPress selbst.
Zur Lösung dieses Problems habe ich drei Möglichkeiten: Entweder ich
kopiere auf der HTML-Seite in jeden Pfad, wo eine Seite nicht gefunden
wird, von Hand die HTML-Datei mit dem richtigen Beitrag hinein. Ich
müsste die Arbeit der letzten Tage also noch einmal wiederholen. Oder
ich schreibe meine Tabelle noch mal um, damit ich sie in die
.ht-access-Datei schreiben kann. Das ist eine Konfigurationsdatei für
den Webserver, der es ermöglicht, dass die Weiterleitungen dann auch für
die HTML-Seiten gelten. Auch das ist ein Haufen Arbeit. – Oder ich
bleibe einfach bei WordPress und nutze mein altes Blog weiter.
Eigentlich hatte ich das wegen der Anfälligkeit für böse Angriffe nicht
vor, aber es gibt noch einen weiteren Grund für eine Rückkehr zu WP. Das
Write.as-Blog hat keine Suchfunktion und nur wenig Navigation. Es ist
schön klein und leicht zu bedienen, aber wenn ich mal 30 Artikel
geschrieben habe, oder 100, oder 200, dann ist es nicht mehr so leicht,
den zu finden, den man lesen will. Das ist mit WordPress deutlich
einfacher. Mein Freund Eckart hat inzwischen auch die Bilder und Audios
wieder eingebunden, die zu meinem Blog gehörten, im Grunde kann ich es
jetzt wieder benutzen. – Ich weiß ehrlich nicht, was ich machen soll.
Nur die Adresse des Blogs würde sich ändern, weil jetzt alle internen
Links auf die Adresse zeigen, wo eigentlich die HTML-Seite hin sollte.
Ich bin echt unschlüssig.
Gott sei Dank ist mir die Rettung dieser vielen Texte gelungen. Ich
schreibe bald, was ich damit anfange.
„Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir in einer ähnlichen Zeit leben
wie in der Weimarer Republik. Mir kommt es so vor als wären wir am
Vorabend von Etwas, das ich nicht miterleben möchte.“ Dies sagte der
Comedian Hape Kerkeling, und in einem Land, in dem die Brandmauern
fallen, die Konservativen mit den Faschisten kuscheln und die AfD nur 12
% davon entfernt ist, so viel Zustimmung zu haben wie die NSDAP im
Januar 1933, ist diese Befürchtung nur zu verständlich.
Mir und meiner Generation, der Generation der spät geborenen, hat man
immer wieder gesagt, wie glücklich wir sein dürfen, die Schrecken des
Krieges und der Zerstörung nicht miterlebt zu haben. Wir sollten uns der
Schande der Mütter und Väter erinnern und ansonsten alles besser machen.
Außerdem hatten eben diese Mütter und Väter, gewissermaßen als Sühne,
mit den eigenen Händen Deutschland aufgebaut, waren ansonsten natürlich
völlig unschuldig an dem, was in ihrem Namen vermutlich verübt worden
war, auch wenn es nach ihrem Verständnis sicher viele Übertreibungen
gab, und sie wünschten nichts sehnlicher, als dass es uns besser gehen
möge, wofür sie unter Schmerzen und Entbehrungen gesorgt hatten. – Ach
ja, da war noch ein Satz, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit
ausgesprochen wurde, damit man ja nie in den Verdacht geriet, die
braunen Jahre nicht doch im tiefsten Inneren zu vermissen und zu
verteidigen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg. Und solange es
einem gut ging, solange am Ende jedes Monats die fette schwarze Zahl
stand, wie es Heinz Rudolf Kunze in seinem Lied „Wunderkinder“ einmal
gesagt hatte, solange konnte man sich mit dieser Demokratie arrangieren.
Der Bundestag war nie so eine Quasselbude wie das Parlament der weimarer
Republik, wie der Führer zu Recht bemerkt hatte, auch wenn man das heute
nur noch hinter vorgehaltener Hand sagen durfte. Nein, diese Demokratie
war ganz in Ordnung, man konnte stolz sein auf die friedliche
Wirtschaftsmacht Deutschland, auf die Tatsache, dass die Nachbarn, die
man einst besetzt und gequält hatte, mit einer gewissen Bewunderung nach
Deutschland schauten, auf das Land der Dichter, Denker und Ingenieure
des Todes, der pünktlichen Eisenbahnen und funktionierenden Gaskammern.
Nur bei Reisen in diese Nachbarländer benahm man sich im Suff hin und
wieder daneben, war ja nur Spaß. Es ist dieses Deutschland, diese
kleine, kleinkarierte, kleinbürgerliche bonner Republik, nach der wir
uns hin und wieder alle sehnen, weil wir nur einen Teil von ihr
betrachten, nämlich die Beschaulichkeit, die uns in einer untergehenden
Welt fehlt. Wir haben es doch weit gebracht in dieser bonner Republik,
wir hatten die 68er und die Friedensbewegung, auch wenn sie den
Zeitgenossen eher als langhaarige, verweichlichte Faulpelze erschienen,
aber im Nachhinein kann man ja stolz darauf sein. Wir fuhren mit den
Schulklassen in die KZ’s, zeigten ihnen, wie tüchtig und
durchorganisiert die Väter und einige Mütter gewesen waren, machten aus
den unappetitlichen Nebenerscheinungen Kunstinstallationen und schauten
nicht so genau hin, wenn die Schülerinnen und Schüler gelangweilt
Kaugummis kauten, während man pflichtschuldig auf den Appellplätzen
herum stand. Und wenn man mal wieder an die dunkle Zeit erinnern musste,
an die man sich doch nicht so gern erinnern wollte, weil das Handel,
Wirtschaft und Wohlbehagen irgendwie störte, dann rief man mit Inbrunst:
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! In Deutschland war man sicher
vor den Verlockungen des rassistischen Überlegenheitsdünkels und der
Mordmaschinerie, man hatte es durchlitten, denn natürlich leidet auch
der Mörder, und man war daraus wie Phönix aus der Asche aufgestiegen,
geläutert und rein, mahnend und achtsam. Wirklich?
In einem Kommentar zu den Putschvorbereitungen von rechts, die im
letzten Dezember aufgedeckt wurden und im Gegensatz zu den Protesten der
„letzten Generation“ wieder aus den Medien verschwunden sind, schrieb
ich: „Der ehemalige FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum sagte bei Anne
Will: „Die Gefahr kommt aus der Mitte. Die Weimarer Zeit ging zugrunde,
weil das Bürgertum die Demokratie nicht verteidigt hat. Die Akzeptanz
für rechte Ideen ist sehr viel größer, immer gewesen, in Deutschland,
auch nach dem Krieg, als für linke.“ Das ist natürlich eine
Binsenweisheit, aber sie erklärt, warum für konservative
Politiker\*innen verstopfte und blockierte Straßen schlimmer sind als
gewaltsame Umsturzpläne, wenn sie nur in die richtige, in die rechte
Richtung führen. Ich glaube, dass es zwei Gründe gibt, warum uns dieser
gescheiterte Putschversuch kaum juckt: Erstens ist in Deutschland die
Akzeptanz für rechte und völkische Fantasien sehr groß. Wie denn auch
nicht? Viele unserer Großeltern haben bei der größten Massenvernichtung
mitgewirkt, die dieser Planet je gesehen hat, bei industriellem
Völkermord. Millionen Deutsche waren beteiligt. Wie können wir glauben,
dass sie nichts davon an ihre Kinder weitergegeben haben? In vielen von
uns stecken kleine Nazis, und es bedarf unseres Willens, Verstandes und
unserer Menschlichkeit, um sie in uns zu besiegen, und wir müssen uns
ihrer immer bewusst sein. Und zweitens: Diese kleinen Nazis in uns haben
ihre größte Chance, aktiv zu werden, wenn wir die Welt und unsere
direkte Umgebung als krisenhaft wahrnehmen, wenn wir Angst um die
Zukunft haben, wenn die Demokratie mit ihren langen Entscheidungswegen,
ihrer Korruptionsanfälligkeit, ihrem schwierigen Interessenausgleich und
ihrer allgemeinen Schwerfälligkeit als ungeeignet wahrgenommen wird,
Wohlstand und sozialen Frieden zu sichern. Dann wollen viele eine
durchgreifende, schnell handelnde Regierung, die nicht nur kosmetische
Änderungen am krisenhaften System vornimmt, sondern einen Weg aus der
allgemein beängstigenden Situation weist. Dann gewinnen bei Menschen,
die sich in besseren Zeiten durchaus unter Kontrolle haben, die ererbten
Instinkte von Fremdenhass und völkischer Überlegenheit wieder mehr
Gewicht. … Das ist es, was mich so wütend macht. Das alles geschieht,
genau wie unsere Ignoranz gegenüber dem Klimawandel, in aller Offenheit,
vor unser aller Augen. Die Konservativen zucken die Schultern, empören
sich aber über eine Klima-RAF, oder über eine griechische,
sozialdemokratische EU-Abgeordnete, die sich von Qatar hat kaufen lassen
und dabei erwischt wurde. Man möge sie so hart bestrafen, wie das Gesetz
es fordert, und ich finde, dass die Konservativen alles Recht haben,
sich aufzuregen und zu empören. Über klare Bekenntnisse zu unserer
Demokratie und klare Worte über die Gefahr von rechts würde ich mich
ebenfalls freuen, weiß aber, dass ich darauf lange warten kann. Also bin
ich wütend und hilflos und muss zusehen, wie wir erneut auf eine
faschistische Gewaltherrschaft zusteuern. Wie viele werden dann bei den
Fackelzügen jubeln? Und welche Krise wird sie nach oben spülen?“
Doch müssen wir so pessimistisch sein? Ist der Grundsatz „nie wieder
Faschismus, nie wieder Krieg“ nicht eingebrannt in unsere DNA, damit die
Deutschen ihren guten Ruf in der Welt behalten mögen, frei nach dem
Motto: „Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang, Sollen in der Welt behalten Ihren
alten schönen Klang?“ Derzeit können wir die Probe aufs Exempel machen.
Nach dem zweiten Weltkrieg waren es auch die Konservativen, vor allem
die neu gegründete CDU, die den oben zitierten Grundsatz verinnerlicht
zu haben meinte. Freilich hat es während ihrer gesamten Geschichte
Figuren gegeben, die mit rechten und autoritären Diktatoren und
Faschistenführern befreundet und verbandelt waren, doch herrschte über
eine ganze Zeit hinweg eine gewisse Vorsicht, nicht schon wieder zu Eng
mit den Völkermördern zusammenzuarbeiten. Über den Vorwurf der Opfer des
Nationalsozialismus, die Konservativen seien Steigbügelhalter für die
Faschisten gewesen, hatte man sich mit christlicher Empörung und
moralkeule schwingender Rechtfertigungsrhetorik hinweggesetzt, man habe
immer das ruhige, bürgerliche, liberale Leben gewollt, den
Nationalsozialismus verhindern wollen, die Sozialdemokraten schützen
wollen, die einem nun diesen undankbaren Vorwurf machten. Mit Faschisten
wollte die Union nichts zu tun haben, und die FDP, die während der
meisten Jahrzehnte der bonner Republik an ihrer Seite stand, auch nicht.
Dabei vergisst man, dass gerade die FDP lange ein Sammelbecken für
Altnazis war, und dass sie in NRW für einige Jahre sogar den Ton
angaben. Schon vor drei Jahren, als sich in Thüringen ein FDP-Mann von
CDU und AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ, um den absolut
gemäßigten Linken Bodo Ramelo zu stürzen, hatte die CDU den Grundsatz,
nicht mit Faschisten zusammenzuarbeiten, endgültig und offen gebrochen.
Medientricks und die Tatsache, dass auch die Behörden seinerzeit noch
zögerten, die AfD als rechtsextrem einzustufen, halfen der Union, die
Öffentlichkeit den gescheiterten Versuchsbalon vergessen zu lassen.
Jetzt aber, wo die Situation viel günstiger ist, muss sich der
CDU-Vorsitzende Friedrich Merz keine Sorgen mehr machen. Jetzt kann er
das Projekt der Annäherung an die AfD relativ gefahrlos angehen.
Eigentlich hätte jeder deutsche Parteivorsitzende, der in einem
Interview gesagt hätte, auf kommunaler Ebene müsse man pragmatisch mit
der AfD umgehen, spätestens am nächsten Tag mit Schimpf und Schande aus
dem Amt gejagt werden müssen, doch Friedrich Merz ist immer noch
CDU-Vorsitzender, die Kritik an ihm ist nach wenigen Tagen verstummt,
und das Thema ist aus der Berichterstattung verschwunden.
Warum marschiert die deutsche Demokratie mit so viel Inbrunst auf ihren
Metzger zu wie eine dumme Kuh? Warum kann sich Friedrich Merz so sicher
sein, dass ihm niemand Einhalt gebietet?
Wir leben in einer Krisenzeit. Die Inflation ist hoch, alles ist teuer,
das Auskommen wird immer schwieriger. Tief in uns spüren wir, dass der
Klimawandel kommt, auch die Leugner wissen es. Sie begreifen, dass sie
dem allen hilflos ausgeliefert sind, dass die Politik nicht schnell,
nicht durchgreifend reagiert. Sie sehen, dass alle Vorschläge, die zur
Lösung der Klimakatastrophe gemacht werden, unseren Wohlstand ankratzen
werden, dass das gemütliche, beschauliche Leben endgültig vorbei ist,
dass wir jetzt gegen die unbarmherzige Natur um unser Überleben kämpfen
müssen. Angst breitet sich aus. Es ist eine unleugbare, kreatürliche,
tief sitzende Angst, und Angst ist der beste Nährboden für Faschismus.
Desweiteren habe ich ja bereits gesagt, dass wir uns in Deutschland nie
vom völkischen Rassismus befreit haben. Das gilt nicht für jede und
jeden von uns in gleichem Maße, doch wir sind alle Produkte einer
Gesellschaft, die ihren übersteigerten und mörderischen Nationalismus
seit Jahrhunderten pflegt. So wie wir alle in einer rassistischen und
patriarchalen Welt aufgewachsen sind, die uns geprägt hat, so war und
ist auch der Faschismus überall und allgegenwärtig, mal mehr, mal
weniger verschleiert. Unbarmherzige, hilflose Angst vor der Zukunft und
eine weit verbreitete Neigung zu Autoritätshörigkeit, Nationalismus und
Überlegenheitswahn ist der beste Nährboden für die Machtergreifung durch
den Faschismus. Und natürlich sind es die Konservativen, die den
Faschisten den Weg bereiten. Sie wollen pragmatisch bewahren, halten
sich für geeignet, die Wahnsinnigen einzuhegen und zu entzaubern. Sie
wollen die Faschisten durch ihre Annäherung zu einem leichten Wandel
zwingen, damit sie selbst nachher ihre ebenfalls autoritären, wenn auch
weniger mörderischen, Vorstellungen durchsetzen können.
Und dann ist da noch der zeitliche Abstand. So viel man gegen die
Mitglieder der Kriegsgeneration vorbringen kann, so sehr haben sie sich
bemüht, das Land aus echten Kriegen herauszuhalten. Man beschränkte sich
darauf, Geschäfte mit dem Krieg Anderer zu machen. Jetzt aber regiert
eine Generation, die den Krieg nicht mehr aus eigener Anschauung kennt,
und in deren Familien nicht oder nur verzerrt über deutsche Verbrechen
und deutsche Schuld gesprochen wurde. Die Zeiten haben sich geändert,
sagen sie. Man muss sich den heutigen Gegebenheiten anpassen, sagen sie.
Und selbst die Pazifisten, und ich schließe mich ausdrücklich ein,
befürworten Waffenlieferungen an die Ukraine, um einen Agressor in die
Schranken zu weisen, dessen Machthunger keine Grenzen zu kennen scheint.
Warum dann nicht auch ein Tänzchen mit dem modernen Faschismus wagen,
der – so mögen die Konservativen denken – nicht so radikal, nicht so
kriegslüstern, nicht so unberechenbar wie der alte Faschismus ist?
Die AfD, die selbst vom Verfassungsschutz, der ebenfalls faschistisch
durchsetzt ist, für in weiten Teilen rechtsextrem gehalten wird, muss
überhaupt nichts tun. Sie muss hin und wieder ein paar Parolen
schwingen, muss versprechen, gründlich aufzuräumen, wenn sie an die
Macht kommt, muss gegen Fremde und die verhasste europäische Bürokratie
wettern und kann sich ansonsten getrost den eigenen parteiinternen
Macht- und Ränkespielchen hingeben. Besondere Intelligenz oder
taktisches Geschick ist derzeit nicht vonnöten, um an die Macht zu
kommen. Überall in Europa und der Welt suchen die verängstigten,
instinktiv handelnden Menschen ihr Heil im Faschismus, der ihnen
Sicherheit, Führung, Rache, Agression und Geborgenheit verspricht. Die
AfD muss nur die Geduld aufbringen, abzuwarten. So sagt es auch der
Texter Tim Rize im Musical „Evita“, in dem Lied „A new Argentina“, in
dem er die spätere Präsidentengattin Eva Peron zu ihrem Mann sagen
lässt: „All you have to do is sit and wait, Keeping out of everybody’s
way. We’ll … you’ll be handed power on a plate when the ones who
matter have their say. And with chaos installed You can reluctantly
agree to be called.“ In deutsch etwa: „Alles, was du tun musst, ist
ruhig bleiben und abwarten und allen aus dem Weg gehen. Wir werden …
Du wirst die Macht auf dem Silbertablett serviert bekommen, wenn die,
auf die es ankommt, ihre Meinung sagen. Und wenn das Chaos installiert
ist, kannst du widerwillig zustimmen, gerufen zu werden.“
Ist also die Machtübernahme des Faschismus unvermeidlich? Muss Hape
Kerkeling sich fürchten? – Ganz sicher ist Furcht vor einer
Machtübernahme der Faschisten in Deutschland angebracht, doch diese
Machtübernahme ist nicht zwangsläufig. Noch hätten es die Konservativen
in der Hand, dem erstarkenden Faschismus etwas entgegenzusetzen.
Zunächst einmal müssten sie sich deutlich distanzieren. Sie müssten
vermitteln, dass sie zur Demokratie, zur Freiheit und zu den
Menschenrechten stehen, ohne wenn und aber. Gerade ihre so oft
beschworene christliche Ethik gäbe ihnen reichlich Rückendeckung für so
einen Kurs. Das allein wird den Aufstieg der AfD aber nicht stoppen.
Alle demokratischen Parteien müssten bereit sein, in dieser Krise
zusammenzustehen. Es ist, auch wenn viele Menschen das nicht wahrhaben
wollen, eine existenzielle Krise. Da müssten, falls die AfD in manchen
Landtagen zur stärksten Fraktion werden sollte, auch Koalitionen
zwischen CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken möglich sein, um die Mehrheit
der Demokraten sicherzustellen. Auch das kann natürlich nur eine
Zwischenlösung sein, denn wenn wir nichts an den Ursachen für den
Aufstieg der AfD ändern, ist dieser Aufstieg vorerst nicht einzugrenzen.
Das wichtigste Mittel zur Lösung dieser Krise ist eine gute
Sozialpolitik, mehr Gerechtigkeit, weniger Markt, Abkehr vom
Neoliberalismus. Das Versprechen, dass die Lebensgrundlage Aller
gesichert wird, muss umgesetzt werden. Das gilt für die Lebensgrundlage
im finanziell-materiellen Sinne, aber auch für die Bewahrung der
Schöpfung, der Mitwelt. Und Ehrlichkeit ist notwendig: Um die
Lebensgrundlage Aller zu sichern, müssen wir einiges von unserem
Wohlstand abgeben. Wir müssen lernen, dass Überfluss keine Notwendigkeit
ist. Das geht nur durch einschneidende, gesetzliche Maßnahmen, das kann
man nicht der Verantwortung der Individuen allein überlassen. Von der
Politik müssen wir Ehrlichkeit erwarten.
Meine Befürchtung ist, dass es bereits zu spät ist, damit allein die AfD
zur Bedeutungslosigkeit zu verurteilen. Der Faschismus ist zu einer
tatsächlichen, nicht mehr zu leugnenden Gefahr für unser Gemeinwesen
geworden. Vor ein paar Tagen schrieb ich dazu auf Mastodon:
„Guten Morgen ihr Tröten allerlei Geschlechts. Heute ist ein besonderer
Tag. Die CDU bekennt sich offen zu einer Zusammenarbeit mit Faschisten,
die sie natürlich nur besorgte Bürger oder Rechtskonservative nennt. Tut
doch bitte nicht so, als sei es das erste Mal. Habt ihr Thüringen
vergessen? Natürlich stimmen die Wertkonservativen mit den Faschisten,
das haben die Saubermänner vor 90 Jahren auch getan. Selbst die
Liberalen, wie unser erster Bundespräsident. Jetzt müssen wir kämpfen!
Natürlich gibt es unter den anständigen Konservativen, denen, die die
Demokratie auch für bewahrenswert halten, Widerspruch. Dafür herzlichen
Dank an alle, mit denen ich sonst auch oft nicht einer Meinung bin. Nur
wird es nicht reichen. Es hat nie gereicht. Der Faschismus kommt jetzt
als extrem bürgerlich, ordnungsliebend, unaufgeregt und krisenlösend
daher. Und wie immer, wenn einem was versprochen wird, schalten viele
den gesunden Menschenverstand aus. Hose ist näher als Jacke. Man lernt
nicht aus der Geschichte, man lernt aus eigenen Erfahrungen und Ängsten.
Bildung ist machtlos gegen Wut, Hass, Zorn und Angst. Der Faschismus
kann siegen, ohne viel tun zu müssen. Es ist gerade der
Autoritätsverfall des freiheitlichen, krisengeschüttelten Systems, das
die Macht dem Faschismus auf dem Silbertablett serviert. Aber wer will
das schon wissen? Mir sagt man immer, ich soll nicht so schwarz sehen,
und ich warne seit 9 Jahren. Viele Freunde schütteln genervt den Kopf.
Für mich ist klar: Aufklärung, Überzeugungsarbeit, Spott und Zynismus
helfen uns nicht, auch kein Besserwissertum. Heute helfen nur noch
klare, staatliche Maßnahmen, wie ein AfD-Verbot. Und vor allem hilft
natürlich eine bessere, weniger taktische, ehrlichere, an den
Erfordernissen der Zeit ausgerichtete Politik. Ehrlichkeit und Klarheit
und Standfestigkeit, das sollten alle demokratischen Politiker\*innen
besitzen.“
Im Reichstag von Weimar hätten die Demokraten am Schluss nicht einmal
mehr gemeinsam die Mehrheit gehabt, denn die KPD hätte, um gegen die
Sozialdemokratie aufzutreten, lieber mit den Faschisten gestimmt. Das
ist eine der unangenehmen Wahrheiten der Geschichte der deutschen
Linken. Heute haben wir noch die Chance, so lange eine Machtergreifung
der Nazis zu verhindern, wie die Bevölkerungsmehrheit sie nicht
tatsächlich will. Knapp ein Viertel der Deutschen bekennt sich
mittlerweile offen zum Faschismus, denn heute kann niemand mehr
behaupten, man wähle die AfD nur aus Protest. Wer Faschisten wählt, im
Wissen, dass es sich um Faschisten handelt, ist Faschist. Diese
unangenehme Wahrheit über unsere Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen
wollen wir nicht gern hören, es nützt aber nichts, sich davor zu
verschließen. Mit geschlossenen Augen kann man nicht die eigene Freiheit
verteidigen. Spätestens jetzt müssen alle Demokraten zusammenstehen und
für ihre gemeinsame Sache kämpfen, damit auch Hape Kerkeling sich wieder
wohler fühlt.
Wenn ich gerade mein Blog neu mache, dann kann ich auch richtig aufräumen.
Eigentlich hatte ich mein kleines Privatblog, das ich eine Weile auf
wordpress.com betrieben habe, schon vergessen. Ich hatte es einmal
eingerichtet, weil auf meinem normalen Blog fast nur noch politische
Beiträge standen. Aber nach zwei oder drei Jahren merkte ich, dass ich
doch lieber alles in einem einzigen Blog unterbringen wollte. Ich
schloss das Privatblog wieder, ließ es aber stehen und löschte es nicht.
Heute morgen wurde ich daran erinnert.
Seit 15 Jahren oder so hatt immer wieder ein Typ auf meinem Blog
kommentiert, der sich anfangs „Vater Seidenzopf“ nannte, wenn ich mich
richtig erinnere, später nannte er sich „der Goenner“. Er verbarg sich
hinter fake Mailadressen, war immer zu feige für eine Debatte von
Angesicht zu Angesicht. Anfangs war er ein schwermütiger Rechter, mit
dem man aber durchaus hätte debattieren können. Andere Meinungen sind
bereichernd, und man überprüft immer mal wieder, ob das, woran man
glaubt, noch Hand und Fuß hat, oder ob man sich verrennt. Insofern fand
ich es ursprünglich ganz interessant, mit ihm zu debattieren, zumal ich
anfangs dachte, wir würden eine eigenartige Form gegenseitigen Respekts
füreinander empfinden. Mit der Zeit aber zitierte er immer nur noch
rechte Quellen und beschränkte seine eigenen Aussagen auf Pöbeleien und
Beleidigungen. Er beleidigte nicht nur mich, sondern auch andere
Menschen, so dass mir 2015 schon einmal der Kragen geplatzt ist. Damals
schrieb ich:
„… es ist schwer, sich vom Elend der Flüchtlinge, dem Hochmut der
Politiker und der Tatsache loszureißen, dass Gewalt inzwischen wieder
ein normales Mittel politischer Auseinandersetzung geworden ist.
Franz-Josef Hanke kommentierte (daraufhin): „“Was den Umgang mit
Flüchtlingen betrifft, so gibt es in Marburg derzeit neben der
geschlossenen Kleiderkammer und zu wenig Toiletten im Camp auch Probleme
mit der Gesundheitsversorgung: Krankenkarten wären dringend nötig, um zu
verhindern, dass Ärzte Flüchtlinge nur rudimentär behandeln, weil sie
trotz Kostenzusage des Landes monatelang auf Bezahlung warten.
Schwangere Frauen sollten zur Entbindung nach Gießen ins Klinikum und
wurden drei Stunden nach der Geburt mit dem Säugling ins kalte Zelt
zurückgeschickt!…“ Daraufhin meldete sich einer dieser besorgten
Bürger, einer, der sich von Flüchtlingen bedroht fühlt, der Angst hat.
Vermutlich einer, der nicht mehr genug zu essen hat, seit Monaten auf
der Straße steht, weil ihm gekündigt wurde wegen Flüchtlingen, einer,
der keinen Computer, keinen Elektroherd, keine Waschmaschine hat. So ein
armer verhungerter Stänkerer und Hetzer meldete sich bei mir, ein Typ,
dem der Arsch so auf Grund geht, dass er mit Gift und Galle um Hilfe
ruft! Er antwortete auf den Kommentar von Franz-Josef wie folgt: „Wenn
Ihre Asylanten zu wenig Toiletten haben, kaufen oder mieten Sie halt die
fehlenden. Sie sind doch reich und wenn Ihre reichen Kollegen von der HU
(Humanistische Union) schön zusammenlegen, sollte das Problem doch
schnell gelöst sein. Bei den vielen reichen
Refugees-Welcome-Freiwilligen finden sich sicher auch einige
Handwerker/Bauarbeiter, die Ihnen für Materialkostenausgleich eine Mauer
mit installierten Toilettenkabinen hinstellen, falls noch nicht
vorhanden. Also bitte, dann mal los. Und Ihre Refugees müssten heute
nicht frieren, wenn Sie und Ihresgleichen die nicht in Massen hier her
gelockt hätten, und dann hätten auch die genug, die wirklich auf der
Flucht sind. Alles nichts, was nicht vorhersehbar war, und ich sage
Ihnen, es kommt noch viel schlimmer, aber das wissen Sie auch selbst
ganz genau.“ Zugegeben, es ist noch eine recht harmlose Mail, aber sie
brachte bei mir das Fass zum Überlaufen. Jetzt hör mal zu, du besorgter
Fascho: Ich habe deinen Kommentar erst mal von Rechtschreibfehlern
gesäubert und deinem Text die Wohltat von Umlauten angedeihen lassen,
bevor ich ihn hier eingestellt habe, dafür solltest du mir dankbar sein.
Refugees hast du nur mit einem e geschrieben, auch das habe ich
korrigiert. Aber das lief unter Service des Hauses. Sodann hast du unter
der Mailadresse „goenner-at-haft.wir“ geschrieben, du erbärmlicher
Feigling! Ich will dir mal was sagen: Ein aufrechter Deutscher kann sein
Gesicht offen zeigen, steht seinen Mann und sieht seinem Schicksal
gerade ins Gesicht. Ein ehrenhafter preußischer Offizier hätte dir eine
Ohrfeige verpasst, du Memme! Wenn du was zu sagen hast, dann sage es
offen und ehrlich, schau mich und jeden anderen an und versteck dich
nicht hinter Pseudoadressen, damit man dir nur ja nicht ans Zeug flicken
kann, du geistiger Brandstifter! Und jetzt mal zum Inhalt: Ich bin Jens
Bertrams, wohne in Marburg und beziehe ALG II, auch als Hartz IV
bekannt. Und trotzdem leiste ich mir diese Gutmenscheneinstellung. Reich
ist was Anderes! Deine Unterstellungen kannst du dir in das dunkle Loch
stecken, aus dem du sie hervor geholt hast! … Denke mal ein bisschen,
bevor du brüllst, Möchtegern-Tiger! Und jetzt ein guter Ratschlag von
mir an dich, wenn du überhaupt noch den Mut besitzt, diesen Beitrag bis
zum Ende zu lesen: Wenn du der Meinung bist, die Flüchtlinge hätten in
ihren Heimatländern gut leben können und keinen Grund, nach Deutschland
zu kommen, dann verschwinde endlich nach Syrien! … Du und
deinesgleichen hetzt so lange, bis irgendwelche Idioten Häuser anzünden,
in denen Flüchtlinge leben, ganz egal, ob irgendwer darin umkommt, egal
ob Flüchtlinge oder deutsche Nachbarn. Du und deinesgleichen versteckt
euch so lange hetzend hinter falschen Mailadressen, bis irgendwer, von
euren Parolen und Schreiereien aufgehetzt, Politikerinnen und Passanten
umbringt. Nur du und deinesgleichen, ihr seid es ja nicht gewesen, ihr
habt ja nie mit Klarnamen unterschrieben und nur im Verborgenen gehetzt!
Du und dein selbstgerechtes, anonymes, hinterhältiges Pack!!! Trollt
euch! Macht die Biege! Wir haben genug andere Sorgen! … Du und
deinesgleichen übergießt anständige Menschen mit Hetze und Häme, weil
sie sich für Menschlichkeit einsetzen und überhaupt eine andere Meinung
haben als ihr. Das nennt ihr dann Lügenpresse und Meinungsdiktatur und
was weiß ich sonst noch alles. Ich bin euch so satt! … Wenn du was zu
sagen hast, dann tu es offen, ehrlich, mit Klarnamen und sachlich.“
Das war, wie gesagt, 2015 im Oktober, als meine Liebste
@DasNest@masto.ai in der Flüchtlingsaufnahmeeinrichtung in Marburg
arbeitete und genau miterlebte, was passierte. Mein Wutausbruch hat den
„Goenner“ nicht daran gehindert, weiterhin zu kommentieren. Lange habe
ich seine Beiträge noch gelesen, wenn ich den unsäglichen Dreck auch
nicht mehr freigeschaltet habe. Ich hätte freigeschaltet, was
einigermaßen anständig gewesen wäre, unabhängig von einer bestimmten
Meinung.
Vor ungefähr einem halben Jahr hatte ich endgültig keine Lust mehr.
Außer Beleidigungen kam nichts mehr. Wir, die rot-grün Versifften, waren
schuld an allem. Punkt! Das reichte mir, und ich schaltete die
Kommentarfunktion meines Blogs fast vollständig ab, zumal es ohnehin
kaum noch Kommentare gab, die sachlich waren. Die Zeit der
Diskussionsblogs, die Anfang des Jahrtausends so hoffnungsvoll begonnen
hatte und dazu hätte führen können, dass die Gesellschaft offen über
Meinungen debattiert, ohne sich zu zerfleischen, ist endgültig vorbei.
Wir haben es nicht geschafft, die neuen Techniken für eine
gesellschaftliche Debatte und für die Verbesserung des gegenseitigen
Umgangs zu nutzen, für mehr Demokratie und Mitbestimmung. Im Gegenteil:
Es ist alles nur noch schlimmer, radikaler und bösartiger geworden.
Heute morgen nun reagierte der „Goenner“, indem er über mein altes, aus
nostalgie stehengelassenes Blog einen beleidigenden Kommentar absetzte.
Daraufhin habe ich das alte Blog ebenfalls gelöscht. Es hat einfach
keinen Sinn mehr. Die Faschos und ihre Nachplapperer zwingen einen, sich
in eine Diskussionsfestung zurückzuziehen, wo man kaum noch kontrovers
debattieren kann, wenn überhaupt ein Gespräch zustande kommt. Aber auf
den „Goenner“ habe ich absolut keine Lust mehr. Da er sicher nicht für
ein Write.as-Abo bezahlen will, bin ich ihn jetzt los. Sicher: Er könnte
mir eine Mail schicken, natürlich kennt er meine Mail-Adresse. – Aber
entweder, er müsste das mit einer gültigen Mailadresse tun, der
Feigling, oder seine Mail würde halt abgewiesen. So einfach ist das. 15
Jahre Diskussionsversuch ist genug. Das war meine allerletzte Reaktion
auf ihn und seinesgleichen.
Letzte Nacht konnte ich nicht schlafen, und so habe ich seit langem mal
wieder Mastodon aufgerufen und mich einigen Tröts zugewandt, die ich
gerade las.
Der
Erste Tröt stammte von Pauline von Hellermann: „An old school friend
who lives in Rome (and who normally definitely has a more neoliberal
than eco-warrior outlook on life) texted this morning: the whole
Mediterranean is boiling“.“ Ein alter, eigentlich neoliberaler
Schulfreund, der in Rom lebe, habe ihr eine Nachricht geschrieben: Das
Mittelmeer kocht. Dazu verlinkte sie einen Artikel
des Guardian, in dem vorausgesagt wird, dass es in Rom und weiter
südlich in Italien einen Hitzerekord von mehr als 48 Grad geben wird.
Seit ich das Buch „Das Ministerium für die Zukunft“ von Kim Stanlay
Robinson gelesen habe, kann ich mir ungefähr vorstellen, was bei einer
solchen Hitze passieren kann. Wenn ein bestimmtes Verhältnis von
Feuchtigkeit und Hitze aus der Balance gerät, sterben die Menschen
selbst dann, wenn sie sich in vermeintlich kühleres Wasser zu retten
versuchen, selbst da ist es für die Körper zu heiß. Wir steuern auch in
Europa auf diese Hitze zu, doch im Buch wird sie in Indien beschrieben,
wo sie in den letzten Monaten ebenfalls aufgetreten ist. Die
Klimakatastrophe schreitet mit riesigen Schritten voran, und die Politik
tut nichts. Mein Bundeskanzler, den ich gewählt habe, auch um
Schlimmeres zu verhindern, meint, man müsse Klimaschutz der Bevölkerung
auch vermitteln können. Tja: Und das geht eben nicht bei einem Anteil
von über 20 %, der der AfD zugerechnet werden muss. Die Nachricht aus
Italien hat mich wieder einmal darin bestärkt, dass auch wir, die wir
jetzt mitte fünfzig sind, die Klimakatastrophe noch erleben werden, dass
wir ihre Folgen noch sehr deutlich spüren werden, ja dass wir das
bereits tun. Wenn ich nicht Demokratie für einen Wert an sich hielte,
würde ich mich für ein Verbot von FDP und AfD stark machen.
Der
zweite Tröt, der mich schockierte und zum Nachdenken brachte,
stammte von der deutschen Welle. In
einem Artikel berichtet der deutsche Auslandssender von fünf jungen
deutschen Männern, die auf Mallorca wegen einer Gruppenvergewaltigung
verhaftet wurden. Seit dem Skandal um Rammstein und ihren Frontmann Till
Lindemann hatte ich ehrlich gesagt naiverweise angenommen, solche
grausamen Vorfälle würden seltener in die Medien geraten, vielleicht
sogar seltener passieren. Doch der Frauenhass und der männliche
Überlegenheitswahn kennen offenbar keine Grenzen. Ich glaube, dass unser
Land in den letzten Jahren sogar wieder frauenfeindlicher geworden ist,
was auch einige wissenschaftliche Studien nahelegen.
Jedenfalls saß ich da, rund um mich war alles still, und ich fand, dass
Klimakollaps und Frauenhass den Zustand unserer Welt ganz gut
beschreiben. Nimmt man noch den Rechtsextremismus hinzu, hat man die
drei wichtigsten Punkte beisammen. Und all das hat bereits in den
neunzigern angefangen mit dieser hemmungslosen Einführung des
Neoliberalismus in Deutschland und der Welt. Wenn man das Buch über die
Neunziger liest, das Jens Balzer geschrieben hat, und das unter dem
Titel „No Limit“ erschienen ist, kann einem übel werden, weil er diese
Entwicklung so plastisch beschreibt und am Privatfernsehen und der
Privatisierung des Gesundheitswesens erläutert. Und wie so oft sehe ich
mich wie das Kaninchen vor der Schlange, das dann nicht weiß, was es tun
soll, um die Welt auch nur ein klein wenig besser zu machen.
Heute beim Frühstück habe ich mit meiner Liebsten @DasNest@masto.ai
darüber gesprochen: Wir können nur tun, wozu wir die Kraft haben, können
nicht die Welt retten, sondern nur in unserem direkten Umfeld so viel
tun, wie wir können. Jedes Gespräch, durch das es jemandem besser geht,
jede fröhlich verbrachte Stunde ist ein Juwel, das es zu bewahren gilt.
Wer den eigenen Anspruch zu hoch setzt, vermag am Ende gar nichts zu
verändern. Also engagiere ich mich in der SPD, mache unterhaltsame und
informative Sendungen für den Ohrfunk und hoffe, dass ich für die, die
um mich sind, ein guter Freund bin, damit wir zusammen auch die
schlechteren Nachrichten ertragen und nicht aufgeben. – Niemals!
]]>
Dieser Text entstand, als ich dachte, das Wa(h)renhaus könnte nicht mehr
gerettet werden.
Das ist ein Beitrag, der mir nicht leicht fällt. Mit diesem Posting
begrabe ich mein altes Blog und eröffne gleichzeitig ein neues. Schuld
daran war keine bewusste Entscheidung, sondern ein extremer Virusbefall.
18 Jahre, seit dem 14.04.2005, habe ich über 1500 Beiträge auf meinem
Blog veröffentlicht. Ich lernte damals das CMS WordPress kennen und
schätzen. Es war barrierearm und damals noch recht schlank, es war die
Version 1.2, wenn ich mich recht erinnere. Über all die Zeit habe ich
mein Blog immer mehr erweitert. Ich schrieb vor allem über Politik, aber
auch über die Niederlande, den Weltraum, Musik, mein Leben, Behinderung
und weitere gesellschaftliche Themen. Außerdem gab es Geschichten aus
meinem Radiosender, dem Ohrfunk. Natürlich hat es mal mehr, mal weniger
Spaß gemacht, über die zunehmend schwierige Weltlage, den Aufstieg des
Rechtsextremismus und den Zerfall unserer Gesellschaft zu schreiben. 5
Bundestagswahlen, die Finanzkrise, die Griechenlandkrise, das Kommen und
Gehen der Willkommenskultur, die Coronakrise und den Ukrainekrieg habe
ich begleitet, über Donald Trump habe ich geschrieben, 16 Jahre lang
habe ich die Kanzlerschaft Angela Merkels verfolgt. Das alles ist jetzt hin.
Und warum? Weil ich zu blöd war! Ich allein bin schuld, dabei hätte ich
es besser wissen müssen!!!
Auf meinem Account bei meinem Provider trieben sich mehrere Webseiten
herum: Der Podcast Lagebesprech, eine interne Website meiner Freunde,
der Arbeitskreis barrierefreies Internet und mein eigener Podcast, den
ich mit meiner Liebsten mache. Dazu natürlich mein eigenes Blog. Der
Arbeitskreis barrierefreies Internet führte seit längerem ein
Schattendasein und wurde von uns kaum noch aktualisiert. Da wir auch
noch für die Aktualisierung und Wartung vieler Domains eines guten
Freundes zuständig sind, vernachlässigten wir diese Seite. Vor einigen
Wochen bekamen wir die Mitteilung, dass bei einem Scan Schadcode
gefunden wurde. Das war auf der Webseite des Arbeitskreises. Wir
beseitigten den Code und fühlten uns danach sicher. Auch wurden die
Seite und die WordPress-Plugins aktualisiert, doch der Schadcode hatte
sich inzwischen in die Datenbank und alle Seiten des CMS gefressen. Das
Schlimme war: Weil er einmal ein Einfallstor gefunden hatte, infizierte
er auch die Domains und Blogs, die eigentlich immer gut geschützt und
aktualisiert waren. Heute Morgen dann ging nichts mehr, es wurden 56
Dateien bei einem routinemäßigen Stichprobenscan gefunden, die Schadcode
enthielten, und die hatten schon ganze Verzeichnisbäume auf unserem
Webspace erstellt. Das war das Ende, wir konnten nicht alles aus den
Datenbanken, allen Dateien und den CMS-PHP-Files entfernen.
Die Podcasts kann man vermutlich relativ leicht wieder aufsetzen, wir
hoffen das wenigstens, sie verwenden eine leichtere, hoffentlich auch
weniger anfällige Software. Das Blog war aber hin.
Nun werdet ihr vielleicht sagen: Und? Hast du keine Datensicherung gemacht?
Eigentlich schon, lautet meine Antwort, aber die reicht nicht so weit
zurück, dass ich eine Version ohne Schadcode bekomme.
Und? Hast du wenigstens deine Texte als TXT-Dateien gesichert?
Nun ja: Es gibt viele Texte noch, aber ohne Datum, ohne Links, ohne
Zusatzinfos. Ich könnte sie nicht einfach massenweise in ein neues
Wordpress einspielen, zumal dieses CMS zunehmend schwerer zu handlen wird.
Also nutze ich jetzt write.as und hoffe,
es wird auch funktionieren. Es ist nicht selbst gehostet, was mir bei WP
sehr gut gefallen hat, aber es ist ein Leichtgewicht, was mir gut
gefällt. Es ist kostenpflichtig und in Deutschland so gut wie nicht
verbreitet, was nicht schön ist, aber es ist mit dem Fediverse und
Mastodon verbunden, was ich wunderbar finde. Es wird von einem kleinen
Team betrieben, was es schneller möglich macht, dass es plötzlich
aufhört, aber der Support ist dafür gut.
Ich hoffe, ihr wollt mich auch weiterhin lesen. In nächster Zeit werde
ich ein paar wichtige Texte aus meinem alten Blog hier einstellen, wenn
ich sie denn finde.
Ich wünsche gutes Lesen.
]]>
Wobei: Eigentlich ist auch das sinnlos, denn es sind immer dieselben, erwartbaren Reaktionen, die man im Netz, das heute die öffentliche Meinung repräsentiert, findet. Viele Männer sagen, man solle jetzt keine Generalanklage gegen das männliche Geschlecht erheben, es wären doch nicht alle so, Andere trauen sich zu behaupten, dass sich wohl kein Mann von Fantasien freisprechen kann, die sexualisierte Gewalt gegen Frauen beinhalten. Die dritte Gruppe zuckt mit den Schultern: Was erwartet ihr, wenn ihr auf ein Rock-Konzert geht? Rock’n-Roll ist Freiheit, Grenzüberschreitung und spielt mit dem Unerhörten, dem Unerlaubten, dem offen unbürgerlichen Tun und Wollen!
Freiheit? Grenzüberschreitung? Freiheit für Wen? Warum sind gewalttätige Rockstars eigentlich nur Männer, und warum sind Groupies nur Frauen? Aus irgend einer Ecke raunt es, auch Stars wie Madonna oder die Bangles hätten sicher männliche Groupies, aber das ist nachweislich falsch. Von einem einzigen Mann ist bekannt, dass er den Bangles eine Weile nachgereist ist und aufdringlich aber gewaltlos versuchte, in ihre Betten zu kommen. Das nächste Geraune hebt an: Aber auch die weiblichen Groupies sind nicht immer Opfer! – Sagt auch niemand. – Unter den sogenannten berühmten Groupies gab es in den Sechzigern und frühen Siebzigern durchaus selbstbewusste Frauen, die sich mindestens ebenso für die Kunst und die Musik wie für die Körper der Rockstars interessierten. Nur unsere Gesellschaft hat sie auf die Rolle als Sexobjekte reduziert. Die niederländische Band „Bots“ singt im Originaltext ihres Liedes „Popmuzikant“: „… (Ich) stand zum ersten Mal vor großem Publikum. Dreimal in der Woche ließen wir es so richtig krachen! In der Pause lagen die Mädchen bereit, und ich schwamm im Geld“. Für wen also bringt der Rock’n-Roll-Lifestyle Freiheit? Natürlich für die männlichen Stars. – Für wen sonst? Mick Jagger kann mit 80 auf die Bühne gehen und singen, wie er will, er wird umjubelt. Madonna trifft mit 60 bei einem Live-Auftritt beim ESC nicht jeden Ton und wird von der Kritik in Grund und Boden getreten. Höre man mir auf mit dem Rock’n-Roll!
Aber was hat das alles mit Till Lindemann zu tun?
Die Journaille versucht zu verstehen, warum Lindemann die Grenzüberschreitung so liebt, dass er sie zum Hauptbestandteil seines lyrischen Ichs machte. Schließlich ist er in der DDR aufgewachsen und hat einen viel tieferen, intensiveren Wunsch nach und Begriff von Freiheit. Provokation ist das Recht, das System anzuzweifeln und zu hinterfragen, erklären die selbsternannten Musikpsychologen. Dabei kann einem bei dem, was Lindemann schreibt und singt nur speihübel werden! Als die Band anfing, so heißt es aus ihrem Umfeld, habe man sich zunächst nur auf Eines einigen können: Ficken. Mehr muss man einfach nicht wissen.
Unsere Gesellschaft ist zutiefst frauenverachtend, sexualisiert und gewaltverherrlichend. Es trifft und betrifft nicht jede Frau, manche haben bessere Startvoraussetzungen, manche haben sich ein dickes Fell zugelegt oder halten durch unbekümmert selbstbewusstes Auftreten die schlimmsten Auswüchse von sich fern, aber im Großen und Ganzen leben wir in einer Welt, in der auch nach den Vorwürfen gegen Till Lindemann die Konzerte der Band ausverkauft sind, in der sich niemand von dem Mann distanziert, außer seinem Verlag, weil es ihn Einnahmen kosten könnte, und in der die Frauen, die sich nun mutig an die Öffentlichkeit wagen, bedroht, verhöhnt und der Falschbeschuldigung bezichtigt werden. Gleichzeitig wird die Lüge verbreitet, Falschbeschuldigungen gegen Männer wegen sexualisierter Gewalt hätten sich als probates Mittel der Frauen für eine Rache gegen Ex-Partner etabliert. Die Zahl der Falschbeschuldigungen mag leicht zugenommen haben, aber das ist statistisch nicht signifikant. Den Verteidigern Lindemanns ist das egal. Sie verteidigen nicht einen einzelnen Rockstar, sie verteidigen das Patriarchat. Lindemann ist nicht der Erste und wird nicht der Letzte sein, gegen den Anschuldigungen erhoben werden, die juristisch nicht bewiesen werden können und keine Folgen zeitigen. Marilyn Manson ist auch so einer. Und das alles trotz der #MeToo-Debatte, die im allgemeinen nichts wirklich verändert hat. Je offener diese Männer mit ihren Verbrechen umgehen, je öffentlicher sie sie zelebrieren, desto mehr sieht die Gesellschaft weg und ist davon fest überzeugt, dass es sich nur um ein lyrisches Ich handeln kann. Für ihre offene Grenzüberschreitung werden diese Männer sogar bewundert und im Feuilleton in den höchsten Tönen gelobt.
Ich weiß gar nicht, wo dieser Text hinführen soll. Er soll vermutlich meinen Zorn, meine Ratlosigkeit, meinen Ekel ausdrücken. Dass er nichts ändert, weiß ich längst. Soll er meine Solidarität mit den Opfern Lindemanns und aller toxischen Männer ausdrücken? Ja, natürlich auch das. Doch damit macht Mann es sich immer besonders leicht. Auch ich könnte sagen: „Nicht alle Männer sind wie Lindemann, ich auch nicht.“ Wem wäre damit geholfen? Niemandem! Auf die vorgebrachte Aussage, in jedem Mann stecke doch ein kleiner Eroberer, der Fantasien von Grenzüberschreitungen gegenüber Frauen habe, könnte ich noch viel mehr sagen, aber wem hilft es? Nur so viel: Das sehe ich ganz anders, und zwar aufgrund eigener Gefühle. Von verschiedenen Autorinnen wird inzwischen gefordert, nicht vor allem den „Fall Lindemann“ bis ins Kleinste auszuwalzen, sondern sich damit zu befassen, was sich wie in unserer Gesellschaft ändern könnte, damit so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt. Eine gute Idee, doch die bisherigen Skandale, so zahlreich sie sind, haben auch nicht zu einem Umdenken, und schon gar nicht zu einem gesellschaftlichen Dialog geführt. Man kann doch weder die Kunst, noch die Ausformulierung erotischer oder pornographischer Grenzfantasien verbieten, ruft es aus der Ecke der Verteidiger*innen der Kunstfreiheit. – Natürlich nicht. Bloß geht es dabei immer um männliche Dominanz und die Unterwerfung von Frauen. Das sollte uns zu Denken geben. Nur Männer gehen öffentlich an die Grenze dessen, was man als strafrechtlich bedenklich bezeichnen kann, wenn es tatsächlich geschähe und nicht nur Fantasie wäre. Schwierig wird es dann, wenn ein hypermännlicher Künstler mit Gewaltfantasien, die er in seinem bisherigen Leben für sich behalten oder nur in Liedern und Gedichten ausgedrückt hat, plötzlich über eine Logistik, einen Stab von Security-Leuten verfügt und genügend Geld hat, um sich Frauen von willigen Mitarbeiter*innen zuführen zu lassen, sie einschüchtern und unter Drogen setzen zu lassen, damit er sie benutzen kann, wie er es in seinen Fantasien beschrieben hat. Die männlichen Mitarbeiter, die ihm geholfen haben, dürfen dann „Reste ficken“, also die Mädchen, die der Star nicht will, und die weiblichen Mitarbeiterinnen dürfen sich casting Director nennen und eine Macht genießen, die Frauen sonst nicht offensteht. Und wir, die Gesellschaft, die Journalist*innen, die Veranstalter*innen, die Fans, die gern Skandalgeschichten hören, haben einfach weggeschaut. Als die Schauspielerin Kayla Shyx nach einem Besuch eines Rammsteinkonzertes vor einem Jahr ein Video auf Youtube stellen wollte, in dem sie beschrieb, was ihr hinter der Bühne geschehen war, forderte ihr damaliges Management sie auf, das Video nicht zu veröffentlichen: „Das weiß doch eh Jeder, wir wollen doch kein Aufsehen erregen“, hat man ihr gesagt, und sie hat sich umstimmen lassen, was ihr jetzt Gewissensbisse macht. Die Macht der Gewohnheit, dass Frauen keinen Aufstand machen sollen, war stärker als das eigene Gewissen einer mutigen Frau.
Einige Feministinnen hoffen und glauben, dass wir gerade die letzten Zuckungen des Patriarchats erleben, dass es sich noch einmal aufbäumt, bevor es endgültig vergeht. Ich glaube das nicht. Für mich sind wir auf dem Weg zurück ins finstere Mittelalter, das Margaret Attwood in ihrem Buch „Der Report der Magd“ so zeitlos beschreibt. Der Angriff der mächtigen Männer auf die Selbstbestimmung und die Rechte der Frauen hat nicht nur längst begonnen, er zeitigt auch bereits Erfolge in den offiziell freiesten Nationen der Welt, wie man an den neuen Anti-Abtreibungsgesetzen in den USA sehen kann. Till Lindemann und seine Sicht auf Frauen ist kein außergewöhnlicher Einzelfall, sondern weit verbreitet. Und wir alle wissen das, es kümmert uns nur selten. Jetzt wird mal wieder ein paar Wochen darüber gesprochen, solange sich die Medien für den Fall interessieren. Danach geht alles so weiter wie zuvor. Wenn die Band nicht mehr unter Beobachtung steht, wird es wohl auch bei Rammstein wieder eine „Row Zero“ geben, nehme ich an.
Ich wünschte, die Frauen wären tatsächlich so mächtig, wie man ihnen in der toxischen Mannosphäre unterstellt, dann könnten sie ein für allemal Schluss mit dieser verachtenswerten Männlichkeit machen.
Zum Schluss einige Links:
Hier das Youtube-Video von Kayla Shyx, in dem sie über ihre eigenen Erfahrungen berichtet:
[youtube https://www.youtube.com/watch?v=9YLsMXyo3Uc]
Porno mit Buch: Wo hört das lyrische Ich von Till Lindemann auf? (SWR)
Till Lindemanns Skandalgedicht „Wenn du schläfst“
Ein guter Artikel des Freitag über das lange Schweigen gegenüber Gerüchten.
]]>
Ich sitze an meinem Schreibtisch. Vor mir steht meine Tastatur, dahinter der Mikrofonständer. Rechts neben der Tastatur steht ein kleines Mischpult, links meine Soundkarte, an die das Mischpult angeschlossen ist. Das Mikrofon ist ans Mischpult angeschlossen. Rechts schräg hinter mir steht auf einem Sideboard ein Laptop, das ebenfalls ans Mischpult angeschlossen ist. Hinter mir steht ein kleiner Tisch mit einem bequemen Schreibtischstuhl, auf dem Tisch ein Stativ mit Mikrofon, eine Flasche Wasser mit Glas und eine Braillezeile. Dort sitzt Mirien. So wird es heute Abend hier aussehen, und wir Beide werden sehr konzentriert sein. Auf dem Laptop ist die Youtube-Seite aufgerufen, auf der der ILSC vom DBSV in Berlin übertragen wird. Der Ton der Übertragung wird in das Mischpult eingespeist. Mirien wird ihren Kopfhörer ins Mischpult einstöpseln und ausschließlich die Übertragung aus Berlin hören. Ich habe meinen Kopfhörer in der Soundkarte und werde hören, was tatsächlich auf den Sender geht: Die Übertragung aus Berlin und Miriens Stimme, die ich darüber lege, sobald gesprochen wird, dann drehe ich den Originalton leise und die Hörer*innen hören Mirien und nur leise das englische Original. Mirien selbst merkt nicht, dass ich die Übertragung leise drehe, sie muss ja alles genau hören können.
Auf meinem Rechner läuft unsere Sendesoftware, Station Playlist Studio, die sich mit unserem Icecast-Streamingserver verbindet und abspielt, was sie über den Line-in-Eingang bekommt. Die Software spielt auch Musik ab, das heißt: Vor und nach der Übertragung kann ich damit Lieder abspielen und nur noch das Mikrofon über den Line-in-Eingang schicken. Außerdem wird die Konferenzsoftware Teamtalk laufen. Wir haben einen eigenen kleinen Teamtalk-Server mit einem Raum, in dem sich unsere Redakteure aus den verschiedenen Studios versammeln können. Die Qualität ist recht gut, also können wir gemeinsam eine Sendung machen. Doch wie kriege ich mit *einem* Rechner und einer Soundkarte zusätzlich zu meinem Mikrofon die Leute im Teamtalk-Raum auf den Sender? Das läuft über sogenannte virtuelle Audiokabel. Das ist ein Programm, das virtuell, also ohne echte Kabel, mehrere Ein- und Ausgänge simuliert. Windows selbst hat immer nur einen Ausgang und einen Eingang gleichzeitig aktiv. Ich sage also Teamtalk, dass sein Ausgang das virtuelle Kabel Nr. 1 ist, und ich sage meiner Sendesoftware, dass ihr Eingang ebenfalls dieses virtuelle Kabel ist, zusätzlich zu meinem Mikrofon. In Wahrheit ist es etwas komplizierter, ich muss insgesamt vier virtuelle Kabel legen, damit heute Abend alles zu unserer Zufriedenheit läuft. Zwei Kabel brauche ich dazu, dass die Leute im Teamtalk-Raum die Sendung hören können, und dass das, was sie sagen, auch über den Sender geht. Zwei weitere Kabel benötige ich für das Telefon. Ich muss dazu eine zweite Instanz des Teamtalk-Programms starten, einen zweiten Nutzer in den Raum schicken und dessen Ein- und Ausgänge mit dem Software-Telefon verbinden. Dann können sowohl die Leute im Teamtalk-Raum hören, was die Leute am Telefon sagen, als auch beides zusammen auf den Sender gelegt werden. Und der Mensch am Telefon hört auch alles. Klingt dann wie ein richtiges Radiostudio, wird aber mit Hausmitteln realisiert. Und natürlich ist die ganze Konstruktion anfällig und ziemlich instabil. Wenn ich aus dem Netz falle, ist sowieso alles hin, und in den letzten Tagen ist meine Internetverbindung alles Andere als stabil.
Zusätzlich zu diesen technischen Details ist da auch noch Mirien. Sie hat im Vorfeld so viele Informationen wie möglich gesammelt, hat die bereits feststehenden Teile der Moderation schriftlich erhalten und kann sich darauf vorbereiten, sie so zu sprechen, dass die vorhandene Zeit ausreicht. Sie spricht die Vorstellung der Bands, die Audiodescription der Musikvideos und die Unterhaltung der Moderator*innen im Studio des DBSV. Ich bin dafür zuständig, rechtzeitig das Mikrofon zu öffnen und bei Beginn der Musik wieder zu schließen, den Sound aus Berlin laut zu drehen, wenn Musik kommt, und leise zu drehen, wenn Mirien spricht. Wir können uns nicht jedes Mal absprechen, die Zeit ist zu kurz, drum haben wir uns schon vor zwei Jahren darauf geeinigt, dass ich den Originalton am Anfang immer eine Sekunde stehen lasse, bevor sie zu sprechen anfangen kann, damit unsere Hörer*innen auch die Originalstimmen kurz hören, bevor sie von Mirien überlagert werden. Und sie versucht, mit ihrer Ansage eine Sekunde vor dem Ende des gesprochenen Textes fertig zu werden, damit ich Zeit habe, vor Beginn der Musik das Mikrofon stumm zu schalten und die Musik lauter zu stellen. Vor zwei Jahren hat das sehr gut funktioniert, und ich hoffe, dass das heute ebenfalls klappt. Drücken Sie uns die Daumen.
Nachtrag: Etwas ganz wichtiges habe ich ja vergessen. Während ich an meinem Rechner sitze, kann ich ja den Laptop nicht steuern, der steht schräg rechts hinter mir und ist unerreichbar. Gott sei Dank hat meine Sprachausgabe eine Möglichkeit, eine Remote-Verbindung zu diesem Rechner aufzubauen. Mit einem Tastendruck kann ich dann einfach zwischen beiden Rechnern wechseln. Ohne dieses praktische Tool wäre ich aufgeschmissen, wenn während der Übertragung irgend etwas passieren würde.
Die Sendung des Ohrfunks können Sie von 18 bis 0 Uhr hören. Sie können auch bei der Abstimmung mitmachen, mit beeinflussen, wer den International low-vision Song Contest gewinnt.
Informationen zum ILSC finden Sie hier.
]]>
Dass der Menschheit im Bezug auf den Klimawandel eine Katastrophe bevorsteht, ist mir und den meisten anderen Menschen seit vielen Jahren bewusst. Trotzdem lohnte und lohnt sich der Kampf für eine neue Politik, denn wir haben immer noch ein Wort bei der Frage mitzureden, wie schlimm diese Katastrophe ausfallen wird. Auch wenn sie nicht mehr zu verhindern ist: Es ist ein Unterschied, ob die Erde sich um zwei oder um vier Grad erwärmt. Es sind also nicht die Erkenntnisse über den Zustand unseres Klimas, die mich lähmen, es sind vielmehr die globalen politischen Entwicklungen, die sich anfühlen, als spiele jemand mit unserer Welt Billard und habe einen extrem guten Stoß gemacht. Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den wir trotz aller politischen und militärischen Bemühungen nur staunend und immer noch starr vor Schreck und extrem ratlos begleiten, scheinen wir in die Sogwirkung einer Entwicklung geraten zu sein, aus deren fatalen Konsequenzen es keinen Ausweg zu geben scheint.
Die Welt wird vorwiegend von Diktatoren, Despoten und Größenwahnsinnigen beherrscht. Sie zwingen ihre Logik auch den anderen Staaten auf, teilen die Welt in ihre Einflusssphären auf und bedienen sich schamlos an Ressourcen, Ländern und Menschen. Dabei verzichten sie inzwischen komplett auf ein positives Zukunftsideal als Rechtfertigung ihrer Maßnahmen und Kristallisationspunkt für ihre Anhänger. In Moskau, Peking, Teheran, Ankara, Budapest, Warschau, Pjöngjang, Rom, Riad, Jerusalem, Damaskus und vielen anderen Hauptstädten regiert unverhohlener Populismus, unverhohlene Machtgier und Überlegenheitsdünkel. Doch nur wenige Spieler beherrschen die globale Bühne: Wladimir Putin, Xi Jinping und – in geringerem Maße – Recep Tayyip ErdoÄŸan und Ali Chamenei. Der sogenannte Westen besitzt unter der strahlenden Blattgoldhülle des Kapitalismus nichts Ideelles mehr, was für seine Bürger*innen sinnstiftend und verteidigungswert wäre. Die Demokratie ist träge, korrupt, instabil und nicht in der Lage, die immerwährende soziale Frage zu lösen. Sie wird von Lobbygruppen beherrscht und verliert in den Augen der Benachteiligten immer mehr die Fähigkeit, einen Interessenausgleich auf gerechte Weise herzustellen. Radikale Revolutionäre, die auf den Tisch hauen, sind für viele Menschen offensichtlich wesentlich interessanter. Die herrschenden Despotien schrecken nicht vor militärischen Abenteuern und reinen Eroberungs- und Vernichtungsfeldzügen zurück, denn sie wissen, dass ihnen niemand Einhalt gebieten kann. Sie tragen Angst in die Herzen der vom Kapitalismus verwöhnten Wohlstandsbürger*innen, und mit der Angst kommt der Drang, sich zu unterwerfen, als Gegenleistung für das zweifelhafte Versprechen der Erhaltung des Wohlstandes. Und die, die sich nicht unterwerfen, wehren sich zwar Rhetorisch, können sich aber ein militärisches Eingreifen nicht leisten, weil dies beim Geisteszustand der jetzigen Despoten die ganze Menschheit vernichten würde. Im kalten Krieg gab es auf beiden Seiten zum einen ein zumindest teilweise gefühltes Ideal für eine bessere Zukunft, und zum Anderen kannten alle Seiten die ungeheure Verantwortung, die auf ihren Schultern lastete. Den Putins, Xis und den Anderen Despoten ist das heutzutage egal. Die Gesellschaft des Westens andererseits spaltet sich zusehens in immer kleinere Interessengruppen auf, die genau jetzt verlangen, dass ihre Anliegen berücksichtigt werden. Sie wollen gehört und beachtet werden, aber nicht debattieren. Vor 25 Jahren rief man in der Behindertenbewegung aus: „Nichts über uns ohne uns!“, doch man wollte einen Dialog, keine Alleinvertretung. Heute soll man zuhören, den eigenen Rassismus und Sexismus nicht nur anerkennen, sondern auch den Mund halten. Und wenn man aufrichtigt die Ziele des Antirassismus und Antisexismus vertritt, schlägt einem das unüberwindliche Misstrauen entgegen, dass man damit nur verschleiern will, wie sexistisch und rassistisch man ist. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt, und der einen Dialog auf Augenhöhe sehr schwierig macht. Zumindest die Möglichkeit, gemeinsam an einer weniger rassistischen und sexistischen Welt zu arbeiten, sollte man haben. Diese Debatten, so notwendig und wichtig sie sind, werden von vielen Menschen nicht verstanden, deren Hauptaugenmerk auf ihrem täglichen Auskommen, den gestiegenen Energiepreisen und den Unwägbarkeiten des Alltags liegt. Wie immer bei progressiven Menschen macht einen die geringste Abweichung von der Meinung des Anderen schon zu jemandem, mit dem der oder die Andere nicht mehr zusammenarbeiten will oder kann. Die Gesellschaft versäult sich in immer kleinere Interessengruppen, die immer seltener konstruktiv miteinander reden, und die schon gar keine Möglichkeit mehr haben, ein zukunftsweisendes Konzept für eine funktionierende demokratische Gesellschaft zu entwickeln.
Aus all diesen Dingen, die scheinbar nicht viel miteinander zu tun haben, ergibt sich für mich folgendes: China und Russland versuchen, ihren Einfluss auf andere Teile der Welt auszudehnen, z. B. auf Afrika. Für kleinere, wirtschaftlich abhängige Staaten könnte gerade China, das seit über 70 Jahren als sehr stabil gilt, trotz Kulturrevolution und den Protesten auf dem Platz des himmlischen Friedens, sehr attraktiv sein. In manchen afrikanischen Staaten wird Chinesisch bereits in den Schulen gelehrt, und es ist nicht zu bezweifeln, dass China die kommende Supermacht ist, und zwar die Einzige. Russland wird sein eigenes Interessensgebiet haben, das ungefähr der früheren Sowjetunion entspricht. Dabei müssen wir noch dankbar sein, dass Wladimir Putin noch lebt. Nach jahrzehntelanger Hasspropaganda im heimischen Fernsehen und im Rundfunk ist die Bevölkerung mehrheitlich in einem aggressiven Klima aufgewachsen und kennt es nicht anders. Es gibt Strömungen, die noch wesentlich radikaler sind als Putin selbst, und die ungeduldig an die Macht drängen. Dem hat der Westen nichts entgegenzusetzen. In fast allen Staaten, in denen Wahlen stattfinden, geht die Macht auf rechte Populisten über: Schweden, Italien, Israel. Die Anderen kämpfen mit Müh und Not um die Macht der sogenannten Mitte, die durch Annäherung an die rechten Radikalen ihren Hals retten will. Von jedweder Form des Aufbruchs, der Erneuerung, des positiven Umbruchs sind wir weiter entfernt als vom Andromeda-Nebel. Neoliberalismus, Korruption und politische Selbstgerechtigkeit haben die Populisten mit ihren einfachen Lösungen und klaren Ansagen zu attraktiven Alternativen gemacht. Und wir sind unfähig genug, die Parallelen aus der Geschichte nicht zu erkennen und in dieselbe Falle zu laufen, in dieselbe Abwärtsspirale zu geraten, die einst im Holocaust mündete.
Mit dieser Gesellschaft lassen sich weder die Despoten aufhalten, noch der Klimawandel bekämpfen. Die USA verlieren ihren Status als Supermacht, und sie stehen vor der Zerreißprobe, ob sie sich in einen fundamentalistisch-christlichen und einen kapitalistischen Staat spalten, oder ob sie als Ganzes in eine Diktatur alter, weißer Männer geraten, die religiösen Eifer und rechte Ideen zu einem menschenverachtenden Mix verquicken. Auf der Ebene der Einzelstaaten werden die Rechte von Frauen und auch die der LGBTIQ-Bewegung bereits massiv beschnitten, und niemand geht dagegen auf die Straße.
Seit einem Jahr herrscht wieder Krieg in Europa. Es ist natürlich nicht der erste seit dem zweiten Weltkrieg, der Jugoslawienkrieg mit all seinen Verästelungen wird da leider oft vergessen. Dieser Krieg der Großmacht Russland gegen die Ukraine ist ein ideologischer Krieg: Russland erkennt die Ukrainer*innen nicht als Volk an und möchte sie ausrotten oder russifizieren. Es ist auch ein menschenverachtender Krieg, denn er wird mit äußerster Brutalität gegen die Zivilbevölkerung geführt. Kinder werden verschleppt, Frauen vergewaltigt, ganze Landstriche entvölkert. Und es ist ein psychologischer Krieg gegen die westliche Gesellschaft und die demokratischen Ideale. Mit jedem Schuss, mit jeder markigen Rede wird der Westen verhöhnt: Seht her: Ihr seid zu schwach, um euch gegen uns, gegen mich zu wehren. Russland kann man nicht besiegen, es ist schlicht „too big to fail“. Insofern kann es am Ende selbstverständlich nur einen Verhandlungsfrieden geben. Wünschenswert wäre einer, bei dem der Status von vor dem Krieg wieder hergestellt wird, weil die Ukraine sich lange genug tapfer verteidigt hat. Keine Option ist es jedoch, zu glauben, man könne Russland militärisch besiegen, Gelände gewinnen oder ähnliches. Russland kann an Ansehen verlieren, doch solange es Macht hat, spielt das für die russische Führung keine Rolle. Der sogenannte Westen hat aufgehört, irgendeine Art von Wertegemeinschaft zu sein, wenn er das je war. Doch zumindest in den Augen der meisten Bürger*innen war er in Ordnung, solange am Ende des Monats genug Geld auf dem Konto war.
Zur Herrschaft der Despoten und Diktatoren gibt es also keine sichtbare Alternative. Nicht in den nächsten Jahren. Die heutige Jugend könnte, wenn sie irgendwann die Macht in den meisten Ländern hat, aus purer Not das Steuer herumreißen, um die Klimakatastrophe abzumildern. Doch das ist ein Traum von übermorgen, und vielleicht ist er ebenfalls auf Sand gebaut. Vielleicht haben wir es tatsächlich zu weit getrieben, zu weit kommen lassen. Wer heute politisch sozialisiert wird, der lernt, eigene Interessen möglichst vehement zu vertreten, stets die eigene Identität und Besonderheit ins Zentrum zu stellen. Gesellschaftlicher Dialog hat sich schon deshalb bei vielen Menschen diskreditiert, weil positive Entwicklungen zu langsam gingen, weil die Macht eben doch bei Wirtschaftseliten, Cis-Männern und weißen Rassisten hängen blieb. Die Enttäuschung ist verständlich, und noch einmal Dialog und gemeinschaftliches Handeln, noch einmal Kompromisse zu fordern, ist fast schon anmaßend und doch notwendig. Denn spätestens hier gibt es keine Alternative. Doch es könnte leider zu spät sein, weil die Geduld nicht mehr reicht. Ohne eine Idee von einer gemeinsamen, gleichberechtigten Zukunft, zu der alle selbstverständlich gehören, und in der Alle zugunsten aller Anderen Kompromisse eingehen, haben wir jedoch unserer eigenen Bevölkerung nichts anzubieten, was sie davon abhalten würde, Populisten zu wählen und den Weltdespoten in die Hände zu spielen. Derzeit sehe ich, mit Ausnahme der Aktionen gegen die Klimakatastrophe, eine solche gemeinsame Gesellschaftsidee nicht.
Und deshalb ist alles so vorhersehbar: Der Reichtum der Reichen steigt, die Stimmen der Populisten gewinnen Wahlen, China wird zur Supermacht, Russland und die anderen Despotien zu regionalen Mächten, die Demokratien fallen durch wirtschaftlichen oder politischen Druck nach und nach in die Hände der Populisten oder unter die Kontrolle der jeweiligen Regionalmacht. Die Mächte setzen ihre Interessen durch Krieg durch, wenn Wirtschaftsdruck und andere Drohungen nicht mehr helfen. Ethnische und religiöse Säuberungen sind an der Tagesordnung, die USA zerfleischen sich selbst, die Demokratie schafft sich ab. Und wenn das geschehen ist, kann ich ohnehin kein Blog mit meiner eigenen Meinung mehr veröffentlichen. Das Internet wird uns nämlich nicht retten, im Gegenteil. Hier nutzen die Despotien ihre Macht, die Populisten und rechten Fanatiker ihre Bedrohungsinstrumente. Die Reaktion ist ein ständig stärkerer Überwachungsstaat, der den Populisten, wenn sie die Macht übernehmen, in die Hände fällt.
Das alles beobachte ich. Ich finde es so schrecklich, dass ich versuche, so wenig wie möglich Nachrichten zu hören. Ich versuche derzeit, mein eigenes Leben so lohnend wie möglich zu gestalten, hier kleine Erfolge zu erzielen, will dafür sorgen, dass Menschen sich freuen und etwas vom Leben haben. Mehr geht nicht, und mehr will ich auch nicht. Der Rest ist mir derzeit zu schmerzhaft.
]]>
In dieser Woche schrieben die deutschen Leitmedien über einen verwirrten alten Adeligen, der so verbittert darüber war, seine ehemaligen Ländereien nicht zurückzuerhalten, dass er sich zu einem operettenhaften Staatsstreich entschloss. Dabei war auch eine gemäßigt schwurbelhörige Richterin, ein paar abgehalfterte Polizisten und Bundeswehrsoldaten und eine Eso-Ärztin, die an Astrologie glaubt. Zusammengerechnet waren es rund 50 Leute, wenn man großzügig sein will, und sie hatten törichterweise geplant, in den Bundestag einzudringen, Abgeordnete als Geiseln zu nehmen und einen Aufstand der Bevölkerung anzufachen. Lächerlich, operettenhaft, weltfremd, beschieden die Leitmedien, teilweise auch verwirrt. Das sei der einzige Grund, warum man diesen Leuten eine gewisse unberechenbare Gefährlichkeit zugestehen müsse. Doch Bundestagspolizei und Bundeskriminalamt versichern: Eine wirkliche Gefahr bestand nie und besteht auch heute nicht mehr, nachdem der Staat mit martialischer Gewalt zugeschlagen und 25 Personen festgenommen hat. Was soll also die dauernde Kritik, schreiben die Leitmedien nicht ausdrücklich, doch man kann es zwischen den Zeilen lesen, was soll also die dauernde Kritik, der Staat sei auf dem rechten Auge blind? Selbst solche Tölpel wie diese sogenannte Terrorgruppe des reußischen Prinzen werden mit aller Macht des Gesetzes verfolgt. Die Sicherheitsbehörden tun ihre Pflicht. Mit diesen Worten lehnt man sich zurück und schaut zu. Der CDU ist das Ganze nicht einmal einen Kommentar wert, ist doch alles gut gegangen, es gibt Wichtigeres. Es sind doch bloß 50 Leute! Einzelfälle halt, die man ja auch mal in eine Talkshow einladen könnte, um ihrem Bedürfnis nach Öffentlichkeit entgegen zu kommen. Eine gefestigte Demokratie wie die Unsere hält das sicher aus, meinen Leitmedien und Konservative, teilweise zwischen den Zeilen. Wenn das so ist, dann hätte man ja auch die RAF-Terroristen in die Talkshows einladen können, und die Verkehrsbehinderer der „letzten Generation“ dürften der CDU auch keinen Kommentar wert sein.
Halt! Ich habe nicht gut angefangen. Wenn ich so weiter mache, muss ich stundenlang reden und komme auf keinen grünen Zweig. Außerdem wiederhole ich mich. Das mit der letzten Generation hatten wir doch vor zwei Wochen erst. Also: Mal zusammenreißen und es noch mal anders versuchen.
Ist Ihnen eigentlich aufgefallen, wie früh die Leitmedien über die Razzia bescheid wussten? Die linke Bundestagsabgeordnete Martina Renner schrieb, das Gerücht über diese Razzia machte in Berlin schon eine Woche lang die Runde. Die Sicherheitsbehörden und die Leitmedien versichern, dass es gängige Praxis ist, dass auch Medien, die die Arbeit der Behörden schließlich kontrollieren sollen, vorab informiert werden. Klingt nicht ganz uneinleuchtend, doch eine ganze Woche vorher? Und im Innenministerium ist man irritiert, weil so viele Medien bereits informiert waren. Aber natürlich, versichern da die Medien, ist das keineswegs gefährlich, denn niemand aus der Branche würde doch den Beschuldigten etwas stecken! Ein solcher Vorwurf sei absurd, sagen die Medien. Doch woher wusste ein Beschuldigter, der sich in Kroatien aufhielt, eine Woche vorher bescheid und konnte seine Nachbarin anrufen und ihr ankündigen, die Polizei werde wohl bei ihr auftauchen? Er ging dann nach Italien und wurde dort gefasst, doch warum wusste er bescheid? Gibt es in Deutschland etwa rechte Medien? Das kann doch nicht sein. Oder sollte es gar rechte Sicherheitsbeamte geben? Ein ungeheuerlicher Verdacht!
Stopp! Auch das führt zu nichts. Es endet alles in Zynismus und Wut, und so kommen wir nicht weiter.
Warum eigentlich? Was macht mich so unfassbar wütend und gleichzeitig so hilflos? Der ehemalige FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum sagte bei Anne Will: „Die Gefahr kommt aus der Mitte. Die Weimarer Zeit ging zugrunde, weil das Bürgertum die Demokratie nicht verteidigt hat. Die Akzeptanz für rechte Ideen ist sehr viel größer, immer gewesen, in Deutschland, auch nach dem Krieg, als für linke.“ Das ist natürlich eine Binsenweisheit, aber sie erklärt, warum für konservative Politiker*innen verstopfte und blockierte Straßen schlimmer sind als gewaltsame Umsturzpläne, wenn sie nur in die richtige, in die rechte Richtung führen. Ich glaube, dass es zwei Gründe gibt, warum uns dieser gescheiterte Putschversuch kaum juckt: Erstens ist in Deutschland die Akzeptanz für rechte und völkische Fantasien sehr groß. Wie denn auch nicht? Viele unserer Großeltern haben bei der größten Massenvernichtung mitgewirkt, die dieser Planet je gesehen hat, bei industriellem Völkermord. Millionen Deutsche waren beteiligt. Wie können wir glauben, dass sie nichts davon an ihre Kinder weitergegeben haben? In vielen von uns stecken kleine Nazis, und es bedarf unseres Willens, Verstandes und unserer Menschlichkeit, um sie in uns zu besiegen, und wir müssen uns ihrer immer bewusst sein. Und zweitens: Diese kleinen Nazis in uns haben ihre größte Chance, aktiv zu werden, wenn wir die Welt und unsere direkte Umgebung als krisenhaft wahrnehmen, wenn wir Angst um die Zukunft haben, wenn die Demokratie mit ihren langen Entscheidungswegen, ihrer Korruptionsanfälligkeit, ihrem schwierigen Interessenausgleich und ihrer allgemeinen Schwerfälligkeit als ungeeignet wahrgenommen wird, Wohlstand und sozialen Frieden zu sichern. Dann wollen viele eine durchgreifende, schnell handelnde Regierung, die nicht nur kosmetische Änderungen am krisenhaften System vornimmt, sondern einen Weg aus der allgemein beängstigenden Situation weist. Dann gewinnen bei Menschen, die sich in besseren Zeiten durchaus unter Kontrolle haben, die ererbten Instinkte von Fremdenhass und völkischer Überlegenheit wieder mehr Gewicht. Auch das mögen Binsenweisheiten sein, doch sie machen deutlich, warum viele instinktiv mehr Angst vor der „letzten Generation“ haben, als vor dem Reußenprinzen, der ja auch schnell verharmlost wird. Die „letzte Generation“ verlangt uns beängstigend große Veränderungen ab, und zwar echten Verzicht, echte Veränderung. Eine rechte Regierung verspricht auch echte Veränderung, aber zu unseren Gunsten und auf Kosten jener, die scheinbar weiter von uns entfernt sind.
Der Putschversuch des alten Heinrichs und seiner Gesellen war und ist keineswegs harmlos. Vermutlich hat man ohnehin nur die Spitze des Eisberges erwischt, und wer weiß, wieviel Beweismaterial die Verschwörer vernichten konnten, weil sie zumindest teilweise vorher über den Zugriff informiert waren. Vielleicht gelingt es ihnen sogar, mit Hilfe von Gesinnungsgenossen in Justiz und Polizei milde Strafen zu erhalten und schnell wieder auf freiem Fuß zu sein. Dann wird uns das Ganze als Posse verkauft. Und die, die wirklich militärisch gut ausgebildet sind, die rechten Netzwerke, die von identitären Bewegungen und rechten Verlegern gesteuert werden, arbeiten derweil weiter im wirklich verborgenen auf den Tag X hin, während wir alle beruhigt sind, weil wir glauben wollen, dass die Gefahr von rechts nunmehr gebannt ist.
Das ist es, was mich so wütend macht. Das alles geschieht, genau wie unsere Ignoranz gegenüber dem Klimawandel, in aller Offenheit, vor unser aller Augen. Die Konservativen zucken die Schultern, empören sich aber über eine Klima-RAF, oder über eine griechische, sozialdemokratische EU-Abgeordnete, die sich von Qatar hat kaufen lassen und dabei erwischt wurde. Man möge sie so hart bestrafen, wie das Gesetz es fordert, und ich finde, dass die Konservativen alles Recht haben, sich aufzuregen und zu empören. Über klare Bekenntnisse zu unserer Demokratie und klare Worte über die Gefahr von rechts würde ich mich ebenfalls freuen, weiß aber, dass ich darauf lange warten kann. Also bin ich wütend und hilflos und muss zusehen, wie wir erneut auf eine faschistische Gewaltherrschaft zusteuern. Wie viele werden dann bei den Fackelzügen jubeln? Und welche Krise wird sie nach oben spülen?
]]>
Was hat Sie eigentlich in den letzten Wochen neben dem Geschachere um das Bürgergeld am meisten aufgeregt? Bei mir war es der Umgang mit den Aktionen der sogenannten „letzten Generation“, die mit spektakulären Straßen- und Flughafenblockaden oder sogenannten Kunstschmierereien auf sich aufmerksam machen. Ihr Protest richtet sich gegen das aus ihrer Sicht absolut unzureichende Handeln der Regierung für den Klimaschutz, um künftigen Generationen ein einigermaßen sicheres Leben auf diesem Planeten zu ermöglichen. Die Aktionen sind allesamt gewaltlos, stören aber empfindlich eingespielte Abläufe. Menschen kleben sich auf Straßen und Autobahnen fest und verhindern einen geregelten Verkehrsfluss, oder sie blockieren Flughäfen.
Interessant und bestürzend finde ich die Reaktion des Staates und der Medien. Lange hat man die Aktivist*innen der letzten Generation schlichtweg ignoriert, bis vor knapp zwei Monaten in Berlin eine Radfahrerin starb, die von einem Betonmischer überfahren wurde. Zur gleichen Zeit hatte die „letzte Generation“ rund 10 Kilometer entfernt einen Stau verursacht, und es wurde nun behauptet, dieser Stau habe die Rettungskräfte am rechtzeitigen Eintreffen am Unfallort gehindert. Die Rettungskräfte selbst haben dies bestritten, doch ihnen hört niemand zu. Seit diesem Vorfall sind die Aktivist*innen der „letzten Generation“ für manche Politiker*innen die Klima-RAF, Terroristen und Verbrecher, und viele Medien, auch seriöse Blätter und Kommentator*innen, stoßen in dasselbe Horn. Um Proteste zu verhindern, werden in Bayern bekannte Aktivist*innen 30 Tage in Präventivhaft genommen, ohne überhaupt auch nur einer Straftat verdächtigt zu werden, und auch die Protestaktionen selbst sind keine Straftat. Derweil wird niemand zur Rechenschaft gezogen, wenn Rettungskräfte auf der Autobahn nicht zum Unfallort kommen, weil einfach keine Rettungsgasse gebildet wird, oder weil Schaulustige die Fahrbahn versperren. Schon gar niemand wird für bewusst klimaschädliches Autofahren in Suvs eingesperrt. Stattdessen behaupten die großen Medien, die „letzte Generation“ beschädige mutwillig unersetzliche Kunstwerke. Es interessiert niemanden, dass das schlicht gelogen ist. Die Aktivist*innen bewerfen oder beschmieren Glasscheiben vor Kunstwerken, die sofort und leicht abwaschbar sind.
Mit ihren Aktionen erreichen die Klimaaktivist*innen Aufmerksamkeit, doch mich hätte einmal interessiert, ob sie der Meinung sind, dass tatsächlich über ihr Anliegen gesprochen wird. Ganz sicher wird versucht, sie in Misskredit zu bringen und eine Debatte über die Klimakatastrophe zu verhindern. Es ist klar, dass dies eindeutig den Interessen der Auto- und Ölindustrie dient. Dabei wissen alle, dass die Klimakatastrophe nicht mehr aufzuhalten, nur noch abzumildern ist. Dass der Bundeskanzler behauptet, man werde schon rechtzeitig eine technische Lösung finden, ist bestenfalls vernagelt und naiv, schlimmstenfalls ist es ihm egal, oder er ist feige und knickt vor den finanzstarken Eliten ein.
So sehr man sich über die Aktivist*innen der letzten Generation aufregt: Sie treffen einen Nerv, und sie haben schlicht recht. Gutes Zureden, Verhandlungen und vor allem Klimakonferenzen haben nichts genützt, jetzt müssen wir es alle am eigenen Leib spüren, dass die Zeit zum Handeln im Grunde schon fast abgelaufen ist, dass es jetzt schnell gehen muss. Und ganz richtig setzen die Aktivist*innen auf möglichst viel Aufmerksamkeit, um die Regierung zum Handeln zu zwingen. Denn die Verantwortung liegt nur zu einem geringen Teil bei den einfachen Menschen, die billig einkaufen müssen, um ihren Lebensstandard zu halten. Die Regierung ist es, die neue Standards festlegen muss, die die Wirtschaft zu nachhaltiger Produktion und zur Verkehrswende zwingen muss, auch gegen die Profitinteressen der Großkonzerne. Und wenn es eine Massenarbeitslosigkeit geben sollte, dann muss eben trotz hoher Schulden ein bedingungsloses Grundeinkommen her. Es wird Zeit, neu zu denken, und ich wünsche den Aktivist*innen der letzten Generation Erfolg. Meinetwegen können sie auch wirklich anfangen, Kunstwerke zu zerstören. Denn was nützen sie noch, wenn die Erde unbewohnbar geworden ist?
]]>
Jetzt sind sie endgültig Geschichte, die Telefonzellen, eine der größten kulturellen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Wie oft habe ich in der Schlange gestanden, wenn ich in meiner Kindheit aus dem Urlaub mit meinem Vater zu Hause telefonieren wollte, wie froh war ich später, als ich in meiner Schule diese schöne große Telefonzelle betrat, die fast wie eine Halle klang, um in aller Ruhe mit meinen Eltern zu telefonieren, wenn mich das Heimweh packte. Und noch später habe ich in Holland heimlich aus Neugier Sexlines angerufen, ohne dass meine Mutter es erfuhr. Dumm war nur, dass das Geld so schnell alle war, und einmal stand ein ungeduldiger Mensch vor der Zelle, und ich fürchte, der konnte auf dem Display die Nummer sehen, die ich anrief. Und die widerum hatte ich aus dem holländischen Radio, sehr peinlich.
Als es noch nicht in jedem Haushalt ein Telefon gab, waren sie allgegenwärtig. In unserer Siedlung am Stadtrand spielten die Kinder in der Zelle, riefen ihre Freunde an, die dann in einer anderen Zelle standen und auf das Klingeln warteten. Ich wusste lange nicht, dass Telefonzellen auch angerufen werden konnten, doch es gingtatsächlich. Das Schöne an diesen kleinen Kabinen war: Man hatte eigentlich fast überall ein Telefon zur Hand, auch wenn man häufig eine Wartezeit in Kauf nehmen musste, doch gleichzeitig war man nicht überall erreichbar. Es war perfekt. Wenn es nötig war, konnte man jemanden anrufen, ansonsten konnte man Urlaub und Freizeit genießen. Ich war immer gegen Handys, und ich kaufte mir erst widerwillig eines, als die Telefonzelle an meinem Urlaubscampingplatz abgeschafft wurde. Und alle prophezeiten mir, ich würde bald nicht mehr ohne Handy leben können. Das ist jetzt 11 Jahre her, und es stimmt heute genauso wenig wie damals.
Heute wird alles auf digitalen Übertragungswegen aufgebaut. Das robuste alte Telefonnetz, das vom Internet unabhängig war, ist dahin, ein kleiner Anschlag auf die Stromversorgung genügt, um auch die Handys ausfallen zu lassen und damit jede Kommunikation über weite Strecken zu unterbrechen. Aber klar: Seit alle ein Handy haben telefoniert niemand mehr über eine Telefonzelle, und die Aufrechterhaltung dieser Infrastruktur kostet Geld. Also verschwinden sie jetzt. Ich werde sie vermissen. Dabei habe ich als Vorsitzender eines SPD-Ortsvereins noch Glück. Ab und an wird mir jemand, der sich für besonders witzig hält, aber keine Telefonzellen mehr kennt, den Satz sagen: Dein Ortsverein passt ja in eine Telefonzelle. Okay, werde ich antworten, das ist ein bisschen übertrieben. – Aber nicht sehr.
]]>
In den letzten Jahren hat mir Twitter fast nur noch als Informationsquelle gedient, nicht mehr als soziales Netzwerk, auf dem man sich austauschen, debattieren, Aktionen planen oder sich vernetzen kann. Das war am Anfang ganz anders. Damals, 2009, lernte ich schnell und unkompliziert Menschen und Institutionen kennen, mit denen ich Wissen und Meinungen austauschte, und deren Informationen mir bis zum Schluss wertvolle Dienste leisteten. Ich habe über Twitter auch Freundschaften geschlossen. Seit ungefähr 2015 verschärfte sich jedoch der Ton. Anstatt einander zuzuhören und kontrovers aber konstruktiv zu debattieren, wurde das Netzwerk immer mehr zur Kloake des Internets, auf der Beleidigungen, Morddrohungen und Shitstorms mit Todesfolge immer häufiger geschahen. Insofern war ich ganz froh, als ich 2018 Mastodon entdeckte, das damals als kleine Twitter-Alternative angepriesen wurde. Leider geschieht das heute immer noch, und das ist extrem irreführend, denn alles, was die beiden Systeme miteinander gemeinsam haben, ist teilweise das Aussehen, und das grundlegende Prinzip des Kurznachrichtendienstes. In allen anderen belangen funktioniert Mastodon völlig anders.
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass Mastodon nur *ein* Dienst unter Vielen ist, die man in ihrer Gesamtheit das „Fediverse“ nennt, ein föderiertes Netzwerk, in dem man über die eigenen Netzwerkgrenzen hinweg einander folgen kann. Da gibt es Plattformen für Fotos, Videos, Blogbeiträge, die alle miteinander vernetzt sind, dasselbe Protokoll nutzen. Man kann also ganz einfach mit einem Account auf Mastodon einem Account auf Pleroma, Friendica oder anderen Plattformen folgen, als wären es auch Mastodon-Accounts. Mastodon ist aber die für mich barrierefreieste Plattform, und so möchte ich mich in diesem Beitrag auf Mastodon beschränken, doch erwähnt werden sollte das Fediversum in jedem Falle. Das Fediversum ist das Netzwerk, Mastodon ist nur eine Zugangsmöglichkeit.
Jedes dieser Netzwerke besteht aus abertausenden von Servern, die von Einzelpersonen oder Institutionen betrieben werden. Damit haben wir schon einmal den ersten, großen Vorteil des Fediversums: Man kann es nicht kaufen, es ist nicht in einer Hand. Als ich mich angemeldet habe, musste ich mir einen Server, sie werden bei uns „Instanzen“ genannt, aussuchen. Es ist aber egal, auf welchem Server man sich niederlässt, man hat zu allen Menschen auf allen Servern Verbindung. Es ist ungefähr so, als würde man sich einen Email-Provider aussuchen. Ich hätte mich damals zum Beispiel zwischen den Instanzen „mastodon.social“, „hessen.social“, Chaos.sozial“ oder „troet.cafe“ entscheiden können. Es gibt auch Instanzen für Computernerds, für Künstler*innen, für Leute aus Freiburg, Dresden und vielen weiteren Regionen. Es wird oft behauptet, eine Instanz für sich zu finden, wäre unnötig kompliziert, doch das stimmt nicht. Es gibt eine Liste der Instanzen, die man auf joinmastodon.org, dem Startpunkt jedes Mastodon-Abenteuers, einsehen kann. Viele Instanzen sind relativ klein, manche sind aber auch recht groß, man kann sich eben nach Thema oder Region eine Instanz wählen, oder eben eine allgemeine, die überhaupt nicht spezialisiert ist.
Der zweite Vorteil der vielen unabhängigen Server ist die bessere Kontrolle von Hass und Hetze. Auf Twitter war es doch so: Wurde man beleidigt, meldete man dies in die Firmenzentrale. Dort hatte man viel zu tun, verstand auch nicht alle Sprachen der Welt, hatte nur ein kleines Team und drückte dem gesamten Netzwerk amerikanische Moralvorstellungen auf, die eher Nippelbilder als Morddrohungen bestraft. Wenn man auf Mastodon beleidigt wird, wendet man sich an den Administrator oder das Team des eigenen Servers, und nicht an eine ferne Zentrale. Der kann dann die entsprechende Person serverweit blockieren, und natürlich ist es auch möglich, Strafanzeige zu stellen. Aber es kommt noch besser: Vor einigen Jahren hat ein rechtes Netzwerk eine Mastodon-Instanz aufgesetzt. Die hat sich mit den anderen Servern verbunden, dann haben Leute von dort angefangen, Hetze zu verbreiten. Da haben die Admins der anderen Instanzen sich zusammengeschlossen und diesen Server aus dem Netzwerk ausgeschlossen. Es gibt jetzt also eine Mastodon-Instanz, wo die rechten Trolle unter sich sind und miteinander in Verbindung stehen, aber praktisch nicht mit der Außenwelt. Ich finde, das ist ein wirksamer Schutz.
Seit 2018 verwendet Twitter einen Algorithmus. Vorher wurden alle Beiträge von Menschen, denen man folgte, in der Reihenfolge ihres Eintreffens in der Zeitleiste angezeigt, ungefiltert, unbewertet. Doch Twitter näherte sich mit dem Algorithmus Facebook an, indem es nun Inhalte von Personen, die man einmal geliked hatte, gut sichtbar oben in der Zeitleiste platzierte. Damit nahm die Firma Twitter Einfluss darauf, was man als Nutzer*in häufiger zu sehen bekam. Es gab und gibt ein paar wenige Programme, darunter die, die für uns blinde Menschen speziell programmiert worden sind, die die Zeitleiste noch unbeeinflusst darstellen, doch das ist inzwischen die Ausnahme. Durch den Algorithmus ändert sich übrigens auch die Bedeutung der Menge an Followern, die man hat. Man kann 10.000 Follower haben, das nützt einem überhaupt nichts, was die Reichweite angeht. Nur, wenn man etwas schreibt, was geteilt und geliket wird, kriegen die Follower diese Beiträge auch tatsächlich so auf ihrer Zeitleiste zu sehen, dass man den Beitrag auch bemerkt. Denn wenn man vielen Menschen folgt, ist die Zeitleiste voll, und man übersieht, was von Twitter nicht besonders gepusht und herausgestellt wird. Viele Menschen glauben aber immer noch, die Menge an Followern sagt etwas darüber aus, wieviele Menschen die eigenen Beiträge lesen. Das ist aber ein Irrtum. Es sagt nur, dass all diese Menschen irgendwo in ihrer übervollen Zeitleiste diesen Beitrag bekommen. Beiträge, die kontroverse Debatten und Aufregung erzeugen, werden natürlich häufiger geteilt und auch gelieket, selbst Beleidigungen und Drohungen. Wer also die Aufmerksamkeit des Algorithmus erregen will, sodass die eigenen Beiträge bei den Followern gut sichtbar platziert werden, der schreibe etwas, woran man sich reiben, worüber man sich aufregen kann. Krawallmacherei wird von Twitter belohnt, Hass und Hetze ebenso. Auf Mastodon hingegen gibt es keinen derartigen Algorithmus. Wenn man dort 10.000 Follower hat, nützt einem das auch nicht besonders, denn die eigenen Beiträge werden nicht gepusht. Besser ist es, man hat weniger Follower, aber dafür die, die sich wirklich für das interessieren, was man zu sagen hat. Wenn man weniger Menschen folgt, kann man alles, was sie schreiben, wirklich lesen. Man muss sich die Leute, denen man folgt, aussuchen, doch dafür findet mehr echte Interaktion statt. Und wenn man etwas schreibt, was die eigenen Follower gut finden, teilen (boosten) sie es mit ihren Followern, und es verbreitet sich über das Fediversum.
Einige, die neu auf Mastodon sind, beschweren sich überjeden Unterschied zu Twitter. Z. B. sagen sie, dass es nicht möglich ist, Toots anderer Leute vor dem Teilen mit einem eigenen Kommentar zu versehen. Das stimmt, und das ist auch so gewollt. Auf Twitter hatte sich der Trend durchgesetzt, Tweets von Menschen, die nicht der eigenen Meinung waren, zu verbreiten und sie mit dem eigenen Kommentar lächerlich zu machen. Es war ein Reden mit sich selbst, ein Hinausbrüllen des eigenen Standpunktes, wobei der Ursprungstweet in den Hintergrund geriet. Außerdem fand keine Interaktion statt. Deshalb kann man zwar auf Mastodon Beiträge teilen, aber will man sie kommentieren, muss man das in einem eigenen Toot tun. So wird beides voneinander getrennt und auch zu klar unterscheidbaren Statements. Ich gebe zu, dass ich mich anfangs auch daran gewöhnen musste, doch inzwischen leuchtet mir diese Regel ein.
Überhaupt Regeln: Es gibt ein paar Grundregeln von Mastodon, die jeder Serveradministrator anerkennen muss, wenn ein neuer Server aufgesetzt wird, doch die Admins können auch für ihren Server eigene Regeln festlegen. Die Instanz chaos.social beispielsweise, die dem Chaos Computer Club nahesteht, verlangt von jedem User, sich mit 1 Euro monatlich an den Kosten zu beteiligen. Wir sind gewohnt, dass Twitter nichts kostet. Dafür hat es Werbung und einen unfairen Algorithmus. Mastodon hingegen hat aufopferungsvolle Moderator*innen und Administrator*innen, die oft in ihrer Freizeit ihre Instanzen betreiben, und die an ein gutes, dezentrales Netzwerk glauben. Wenn jeder User 1 Euro bezahlen würde, wären die Serverkosten tatsächlich gedeckt. Gute Qualität kostet etwas, es muss ja nicht viel sein.
Die Nutzerin Thalestria beschrieb in einem Toot die Vorteile von Mastodon aus ihrer Sicht: „- Fame ist irrelevant
– Reichweite auch
– Geld ist hier nicht zu verdienen
– Kontakte zu Menschen sind wichtig
– Unterstützung ist da, wenn mann oder frau sie braucht
– jeder darf hier mit allen reden so viel er oder sie will
– boosten ist okay, aber keine Voraussetzung
– besternen ist schön und freut den Empfänger, aber schafft keinen Fame – hier gibt es Schutz vor Trollen und Hass
Kurz: hier geht es um Menschen.“
Und die SPD-Vorsitzende Saskia Esken trötete oder tootete:
„„Holt Euch Euer Netz zurück!“ Das ist es, was Tim Berners-Lee, der Erfinder des Internets uns rät. Kapitalverwertung und zentralistische Monopole haben seine emanzipative Ursprungsidee kaputt gemacht. Wir sollten wieder auf Humanität und Offenheit setzen, auf Dezentralität, Privatheit und Souveränität. Und die Kontrolle übernehmen.“
Wer nur auf Reichweite starrt, auf Followerzahlen, dem geht es vor allem um Einfluss. Wenn das alle tun, relativieren sich die Einflüsse gegenseitig. Damit stellte sich für mich die Frage, was ich eigentlich von einem sozialen Netzwerk erwarte. Vor ein paar Tagen schrieb ich einige meiner Gedanken auf:
„Die letzten Tage sind das erste Mal seit Ende Mai, dass ich mich wieder intensiv mit Politik beschäftigt habe, und mir tut es wirklich gut, dass ich das nicht auf Twitter getan habe. Ich werde Twitter vollständig verlassen. Ich möchte mich gern auch über politische Themen austauschen, auch mal kontrovers debattieren, aber eben respektvoll. Und ich hoffe, dass das auf Mastodon weiterhin möglich bleibt.
Ich denke darüber nach, wie sich der Ansturm der Menschen von Twitter auf Mastodon auswirkt. Warum kommen sie her? Was versprechen sie sich von einem sozialen Netzwerk? Manche finden sich hier nicht zurecht, fühlen sich wie auf einer einsamen Insel. Sie sind inzwischen die Algorithmen gewöhnt, die natürlich das Leben scheinbar erleichtern, wenn die eigene Zeitleiste unüberschaubar groß ist.
Der Punkt ist ja, dass man eben drüben stolz auf möglichst viele Freunde und Follower war. Dann war man beliebt, anerkannt, hatte etwas zu sagen. Da brauchte man irgendwann die Sortierung durch den Algorithmus. Doch paradox war ja, wie ich selbst erlebte, wenn man dann recht selten postete, kam man selbst bei großer Followerzahl nicht an. Was also kann man von Mastodon erwarten, wenn man neu hier ist?
Ist es nicht vielleicht so, dass ein soziales wirklich ein soziales Netzwerk sein muss, wo man mit den Menschen Umgang pflegt, die gleiche Interessen in irgend einer Form haben? Ist das virtuelle soziale Netzwerk nicht auch eines, wo der Begriff „Freund“ zumindest bedeuten muss, dass man sich in bestimmten Interessen nahesteht und austauscht? Denn wir wollen doch ohne Algorithmus bleiben, nicht wahr? Dann müssen wir die Menschen auf die Instanzen verteilen.
Und wir müssen, glaube ich, eine neue Philosophie von sozialen Netzwerken entwickeln, oder vielleicht habt ihr sie schon entwickelt. Ich stelle mir vor, dass wir in einem solchen Netzwerk wirklich Gleichgesinnte suchen sollten, und nicht Followermassen. Denn nur, wenn wir erkennen, dass wenige Follower ein großer Schatz sind, wenn es die Richtigen sind, kommen wir weiter, denke ich.“
Beeindruckt hat mich von Anfang an, dass der Ton auf Mastodon viel freundlicher, mitmenschlicher und konstruktiver war. Zum Einen trägt dazu natürlich die einfache Möglichkeit bei, gegen Störer vorzugehen, aber auch die Tatsache, dass man Toots hinter sogenannten Content-Warnungen verstecken kann. Themen, die andere Nutzer*innen traumatisieren könnten, oder die einfach sehr aufwühlend sind, sollte man hinter dieser Warnung platzieren. Dann kann sich jeder und jede Lesende selbst überlegen, ob und wann sie oder er den Toot lesen mag. Damit wird die Atmosphäre entspannter. Und wenn es dann zu einem Meinungsaustausch über aktuelle und emotionale Themen kommt, dann ist dieser Austausch auch so gewollt, und zwar von beiden Seiten.
Auch ist die Solidarität unter den Fedinauten beeindruckend: Die meisten Toots mit Bildern haben eine Bildbeschreibung, weil man von Anfang an daran gedacht hat, das zu einem Teil der Netiquette zu machen. So ist auch die Web-Oberfläche von Mastodon sehr zugänglich, und es gibt auch eine Web-Application namens Pinafore, mit der es sogar noch ein wenig besser geht.
Nachdem ich jetzt seit einigen Wochen intensiv via Mastodon im Fediverse unterwegs bin, um es korrekt zu sagen, habe ich für mich einige Dinge klar festgestellt: 1. Der Umgangston ist freundlicher, die Community ist hilfsbereit und geduldig,
2. Das Netzwerk ist dezentral und nicht an Geschäftsinteressen gebunden, kann auch nicht gekauft oder verkauft werden, 3. Barrierearmut ist Teil der Netiquette,
4. Hass und Hetze zu bekämpfen, ist einfacher,
5. Es gibt keinen manipulativen Algorithmus,
6. Die Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen wie Migrant*innen, LGBTIQ-Menschen, Menschen mit Behinderung aller Art, werden weitestgehend berücksichtigt.
Die Behauptung, für den Normalnutzer und die Normalnutzerin sei das Fediverse zu kompliziert, kann ich nicht teilen. Sascha Lobo, den ich normalerweise sehr schätze, hat sogar behauptet, man müsse seinen eigenen Mastodon-Server betreiben, um wirklich im Fediverse mitmachen zu können. Das ist natürlich Unsinn, ich betreibe selbstverständlich keinen eigenen Server. Aber selbst wenn ich das wollte, so könnte ich das via masto.host tun, ohne selbst programmieren können zu müssen. Allerdings stimmt es auch, dass man sich am Anfang ein wenig zurechtfinden muss, dass es eine Weile braucht, bis die Zeitleiste wieder so voll ist wie auf Twitter, dass man selbst nach Menschen suchen muss, denen man folgt, dass die eigenen Beiträge und deren Verbreitung allein dafür verantwortlich sind, wieviele Menschen dir folgen, und dass die Anzahl der Follower geringer ist. Die tatsächliche Reichweite mag aber sogar höher sein als auf Twitter.
Auf einem Netzwerk, das der politischen Agenda eines rechten Multimilliardärs dient, das offen für rechtsextreme Propaganda ist, die Menschenrechte bedrängter Gruppen nicht schützt und keinen sicheren Diskussionsraum bietet, möchte ich nicht sein. Deshalb verlasse ich jetzt Twitter. Es war schön, so lange es dauerte, und es war lange Zeit auch bereichernd. Es gibt Accounts, die ich auf Mastodon vermissen werde, und einige aufbereitete Informationsquellen werden mir fehlen. Doch die Nachteile überwiegen. Danke an alle lieben Menschen, die ich auf Twitter kennenlernen durfte und mit denen ich dort debattierte oder Freundschaft schloss. Und wenn ihr wollt, lesen wir uns via Mastodon.
]]>
Im Jahre 2019 erhob sich ein großer Teil des Chilenischen Volkes, um eine neue Verfassung zu verlangen, das Land zu einem Sozialstaat zu machen und künftig leichter Reformen zu ermöglichen. Die in Chile geltende Verfassung stammte aus der Pinochet-Diktatur und war extrem Neoliberal. Bildung und Gesundheitswesen sind privatisiert, das gesamte Wasser im Land gehört wenigen reichen Familien, und Frauen, LGBTIQ-Personen und Mitglieder der indigenen Bevölkerung haben weniger bis keine Rechte. Der Druck auf der Straße sorgte für die Wahl eines Verfassungskonvents, in dem die linken Organisationen zweidrittel der Sitze erhielten. Sie arbeiteten eine moderne, sozialstaatliche, offene Verfassung aus, die zu einem Muster für die ganze Welt werden sollte. Damit wir uns nicht missverstehen: Es war keine sozialistische Verfassung. Eigentum, Unternehmertum und ähnliche Errungenschaften wurden garantiert, doch die sozialstaatliche Bindung des Eigentums, die kostenlose Bildung, die moderne Gesundheitsversorgung, die Anerkennung der Care- und Hausarbeit, die Rechte von Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und die Rechte der indigenen Bevölkerung wurden festgeschrieben. Die Verfassung wurde ausgearbeitet, von der Regierung an alle Haushalte verteilt und debattiert. Zu den Kundgebungen der Befürworter*innen kamen zigtausende Menschen, die Gegner*innen versammelten meist lediglich einige hundert Personen. Am 4. September 2022 sollte die Abstimmung stattfinden.
Doch die Medien des Landes waren größtenteils in privater, rechter Hand. Sie machten Stimmung gegen die Verfassung. Sie behaupteten, gerade arme Menschen würden unter dem neuen Sozialismus leiden, weil die Wirtschaft, die seit 30 Jahren floriere, einbrechen werde. Sie verkündeten, Abtreibung sei künftig bis zur Geburt erlaubt, man dürfe nicht mehr stolz auf sein Land sein und dürfe kein Eigentum besitzen. Sie verbreiteten gefakete Verfassungsentwürfe, auch übe die sozialen Medien.
Trotzdem war man sich sicher: Die neue Verfassung würde verabschiedet, wenn auch nur mit knapper Mehrheit.
Am Abend des Abstimmungstages hatten 62 % der Chilenen die neue Verfassung abgelehnt, und vor allem Diejenigen, denen sie zugute gekommen wäre.
Sogar wenn man also selbst die Möglichkeit und die Macht hat, für eine bessere Zukunft mit einem einzigen Kreuzchen etwas gewaltiges zu bewegen, tut man es nicht. Die Angst vor wirtschaftlichen Einbußen, dem Verlust von Arbeit und Wohlstand ist immer stärker.
Für einen Moment haben sie gezittert, die Neoliberalen. Nicht nur in Chile, sondern überall auf der Welt. Was für ein Durchbruch, wenn das Projekt gelungen wäre? Ist es aber nicht, die Schafe schlafen weiter. Schon Robert Long sang: „Latscht wie eine dumme Kuh nur auf den eig’nen Metzger zu.“ Das ist natürlich ein wenig ungerecht: Die Mächtigen und Reichen spielen mit der Angst der Menschen. Dagegen gibt es offenbar noch kein Mittel, auch nicht die massenhafte, von der Regierung unterstützte Aufklärung.
Und das ist einer der Gründe, warum ich so frustriert bin. Es ist ja kein chilenisches, sondern ein weltweites Phänomen. Wenn die Menschen nicht mal mehr den Honigtopf ergreifen, den sie sich selbst erkämpften und den eine willige Obrigkeit ihnen entgegenstreckt, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.
]]>