Barack Obama ist Präsident – doch was bedeutet das?

Barack Obama ist neuer Präsident der vereinigten Staaten, und fast alle jubeln. Doch was bedeutet dieser Sieg? Hier sind meine ersten Gedanken dazu.

Vor ein paar Tagen habe ich einmal gesagt, dass man sich bei den US-Präsidentenwahlen immer nur zwischen einem größeren und einem kleineren Übel entscheiden kann. Für mich persönlich ist Obama das kleinere Übel, aber die Begeisterung, mit der hierzulande der Sieg des demokratischen Bewerbers gefeiert wird, vermag ich nicht zu teilen.

Zunächst einmal glaube ich fest daran, dass der Wechsel von Bush zu Obama kaum der Ausdruck eines Wendewillens in der amerikanischen Bevölkerung war. Die Trendsetter sind nicht die sogenannten „kleinen Leute“, auch wenn Obama mit seiner Lebensgeschichte den Mythos vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird, immer wieder aus der Mottenkiste hervorkramt und gut verkauft. Er schwamm auf einer Welle derer, die eine Änderung der jetzigen Politik für notwendig erachteten, und das sind hohe Wirtschaftskreise. Millionen und Abermillionen haben sie in seinen Wahlkampf gesteckt, und seine Berater haben, unterstützt von einer ganzen Reihe nationaler Medien, am Image des ersten afroamerikanischen Präsidenten gebastelt. Dass Obama, wie seine Halbschwester behauptet, immer noch ein Idealist ist, vermag ich angesichts einer dreizehnjährigen Tätigkeit in der amerikanischen Politik denn doch nicht mehr zu glauben. Nicht das Volk, wie es immer so schön heißt, wollte den Wechsel, sondern dieselben Leute, oder doch zumindest dieselben Kreise, die vorher auf Bush gesetzt haben. Seine Maßnahmen waren nun so unbeliebt geworden, dass es schlecht für Geschäft und Image wurde, weiterhin auf die Republikaner zu setzen. Darum, glaube ich, haben sie nun Obama unterstützt. Darum würde ich mir auch keine großartigen Reformen zugunsten der Mittel- oder Unterschicht der Amerikaner, aus der er ja aufgestiegen sein will, von Obama erhoffen. In seiner Siegesrede hat er ja bereits angemahnt, dass die Reformen Zeit brauchen, und ich nehme an, dass vieles von dem, was er sich so vornimmt, daran scheitern wird, dass eben die Zeit nicht ausreichen wird.

Zum zweiten glaube ich, dass sehr viele Amerikaner von diesem „We are the city on the Hill“-Gefühl durchdrungen sind, sie halten sich für die Bewohner des neuen Jerusalem, des Hortes der Freiheit, der Heimstatt der Mutigen und des Landes der Freien bzw umgekehrt. 🙂 Ganz selbstverständlich leiten sie daraus einen Führungsanspruch und eine gewisse Arroganz den Anderen gegenüber ab. Die eine Administration hat das mehr, die Andere weniger, ich hoffe, die Administration Obama wird es weniger haben, aber die üblichen, halbimperialistischen Töne sind auch bei ihm durchaus zu hören. In Deutschland freut man sich über seinen Sieg, aber ich nehme stark an, dass Obama auch die Deutschen mehr in die Pflicht nehmen wird, noch mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Und natürlich stellt sich die hier schon einmal aufgeworfene Frage nach dem Machtvakuum im Irak, sobald die Amerikaner abgezogen sein werden. Irgendwie müssen sie da wieder raus, aber immerhin können sie eine pro-westliche irakische Regierung noch eine Weile mit Waffen beliefern, was ihrer Wirtschaft nützt, bis diese Regierung von fundamentalistischen Kräften hinweggefegt sein wird.

Immer wieder hatte ich bei den Präsidentschaftswahlen in den USA das Gefühl, dass man sich nur zwischen einem konservativen und einem sehr konservativen Präsidenten entscheiden konnte. Die Todesstrafe ist das beste Beispiel, die Ablehnung der Homoehe ebenfalls, und eine irgendwie geartete Form des christlichen Fundamentalismus ist auch unbedingt notwendig, um amerikanischer Präsident zu werden. Hätte man es mit einer wahren Demokratie zu tun, im reinen Sinne, meine ich, so wäre es egal, ob der Präsident christ oder Moslem, Mann oder Frau, homo- oder Heterosexuell wäre.

Die Töne zwischen den USA und der europäischen Union, vermute ich, werden freundlicher werden, und das hoffen viele Menschen in Europa. Das bedeutet aber nicht, dass Barack Obama außenpolitisch der große Hoffnungsträger ist, auf den die Welt wartet. In den neunziger Jahren hat es ein Präsident versucht, das unbestritten heißeste Eisen anzupacken, das verschiedene gordische Knoten internationaler Sicherheits- und Friedenspolitik lösen hätte können: Den Nahostkonflikt. Leider machte ein radikalisraelischer Nationalist dem einen Strich durch die Rechnung und ermordete den israelischen Ministerpräsidenten Rabbin. Seither ist viel geschehen, aber der Nahostkonflikt ist immer noch ein wichtiger Schlüsselkonflikt. Inzwischen sind weitere hinzugekommen: Die USA befinden sich in zwei Kriegen, die Wirtschaft liegt am Boden und der von Clinton hinterlassene Haushaltsüberschuss hat sich in ein unglaubliches Haushaltsloch verwandelt. Aber wer den Nahostkonflikt löst, der hat international viel erreicht. Ich traue es persönlich Barack Obama nicht zu, dies in der Zeit, die ihm zur Verfügung steht, zu schaffen. Weder die Palästinenser, noch die Israelis haben derzeit eine Führungspersönlichkeit, hinter die sie sich so sehr scharen können, wie einst hinter Arafat und Rabbin. Wird aber der Nahostkonflikt nicht gelöst, und zwar zur Zufriedenheit beider Seiten, so kann auch der Rest internationaler Sicherheitspolitik nur Stückwerk bleiben. Es könnte ja sogar von Vorteil sein, dass der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von (Nord)Amerika außenpolitisch ein unbeschriebenes Blatt ist, dann fallen ihm vielleicht unorthodoxe Lösungsmöglichkeiten für verschiedene Konflikte ein. Aber wir sollten keine Sekunde annehmen, ein Präsident könnte die Welt nach seinem Willen gestalten. Er ist von denen abhängig, die ihn ins Amt gehieft haben, und sie können jederzeit ihre Unterstützung zurückziehen. Spätestens bei der nächsten Wahl wäre der Präsident dann erledigt.

Ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass nicht John McKain der nächste Präsident der USA wird. Sein Imperialismus ist ausgeprägter, sein christlicher Fundamentalismus auch. Insofern ist Barack Obama das kleinere Übel. Dass er einmal als Sozialarbeiter gearbeitet hat, und dass er das auch nach seinem Jurastudium wieder tat, obwohl er als hochdotierter Anwalt hätte arbeiten können, spricht für ihn. Trotzdem ist nicht er es, der die Politik der USA in der Hauptsache bestimmt. Er ist das Aushängeschild eines politischen Willens, hinter dem mehr steckt als Menschenfreundlichkeit, nämlich knallharte Geschäfts- und Militärinteressen. Wenn es Obama gelingt, im Zuge der Erfüllung des politischen Willens seiner Auftraggeber auch ein paar der Projekte zu verwirklichen, die ihm aufgrund seines eigenen Lebensweges am Herzen liegen, dann hat er wahrlich viel erreicht. Und ich hoffe sehr, dass auf den glänzenden Sieg nicht sehr bald die Ernüchterung folgt und man von Obama als einem Präsidenten spricht, der gern wollte, aber kaum etwas vermochte, wie weiland Jimmy Carter. Hoffentlich hat Obama, wie Carter seinerzeit, erkannt, dass der Nahostkonflikt ein wichtiger Meilenstein für ihn sein wird. Und ich würde mir wünschen, es würde ihm gelingen, diesen Konflikt einer Lösung zuzuführen, bevor die nächste erzkonservative Welle der Unzufriedenheit über ihm zusammenschlägt und einen weiteren Republikaner ins weiße Haus befördert, dessen Regierung dann möglicherweise noch mehr Porzellan zerschlagen wird als die zuende gehende Regierung Bush.

© 2008, Jens Bertrams.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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6 Antworten zu Barack Obama ist Präsident – doch was bedeutet das?

  1. Das Nest sagt:

    Hallochen! Ja, Deutschland feierte. Ich denke, das ist so wie eine kleine WM. Endlich mal wieder ein Grund zu feiern. ich denke nicht, daß die meisten, und ich muß mich da leider mit einbezieen, viel mehr als einige unausgegorene Kleinigkeiten über obama wissen. Für viele zum Beispiel, so hörte ich gestern im Bus, war er der richtige Kandidat, weil er schwarz war. Aber das ist wohl kaum ein ausreichendes Argument. Klar ist es gut, wenn jemand aus einer Minderheit etwas erreicht, aber wie Jens schon sagt: er konnte nur etwas erreichen, weil viele einflußreiche Leute wollten, daß er etwas erreicht.

    Was genau hat er übrigens an sozialarbeit gemacht? Ich meine: Zumindest hier in Deutschland kann das Kindergarten, Altenpflege, Verwaltung, Deutschkurse für ausländer, Arbeit mit STraffälligen, grüne Damen und und und bedeuten.

    Daß Obama den nahost-Konflikt lösen kann, glaube ich auch nicht.

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  4. ziynet sagt:

    herzlichen gluckwunsch zum prasident und du hast gesagt das du nicht hir hehr in diesen land past nur weil du schwarz bist und die anderen weiß sind das ist doch scheiß egal du bist glucklich und die party hat geklabt

  5. ziynet sagt:

    und das ist das beste

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