5. Mai – ein geschichtsträchtiger und aktuell wichtiger Tag

Der 5. Mai ist einer der wenigen Tage, an dem sich geschichtliche und aktuelle Ereignisse bündeln und zusammenlaufen. Am 5. Mai 2009 habe ich dazu einen Kommentar für ohrfunk.de verfasst und in der Sendung „17-20, der Soundtrack zum Tag“ veröffentlicht.

ES gibt Tage im Jahr, da häufen sich die Jahresdaten. Wussten Sie zum Beispiel, dass am 5. Mai Karl Marx geburtstag hat? Er wurde 1818 in Trier geboren und ist wissenschaftlich betrachtet der Begründer der sozialistischen und kommunistischen Weltanschauung. Am 5. Mai begehen aber auch Dänemark und die Niederlande das Ende der deutschen Besatzung im zweiten Weltkrieg, denn ganz kurz vor Kriegsende kapitulierten deutsche Teilstreitkräfte vor den westlichen Alliierten, auch in der Hoffnung, alle Kraft nach osten richten und gegen die rote Armee etwas länger standhalten zu können. Auch wurde an diesem Tag, dem 5. Mai 1945, das letzte KZ des dritten Reiches, Mauthausen, befreit, und in Prag brach ein Aufstand gegen die deutsche Besatzung los. Deshalb ist der 5. Mai in vielen Ländern Europas ein Gedenktag an die Opfer des Krieges. In den Niederlanden zum Beispiel wird am 4. Mai abends in einer Feierstunde aller Kriegstoten seit 1940 gedacht, und am 5. Mai feiert man den Tag der Befreiung, einen Festtag, der auf Versöhnung und auf den Erhalt der Freiheit und der Menschlichkeit gerichtet ist.

4 Jahre nach Kriegsende, am 5. Mai 1949, wurde mit dem sogenannten 10-Mächte-Pakt der Europarat gegründet. Der ist bitte nicht zu verwechseln mit dem Europaparlament oder der europäischen Union. Er ist ein Forum für Gesamteuropa und war dies auch schon zu Zeiten des kalten Krieges. Man besprach und bespricht dort gesamteuropäische Angelegenheiten, es war und ist ein Forum der Verständigung. Darum ist der 5. Mai auch als Europatag bekannt und wird als solcher in nahezu allen Ländern europas begangen. Warum sich die Organisationen behinderter Menschen dann ausgerechnet diesen Tag als Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen in Europa ausgesucht haben, kann für manchen ein Rätsel sein. In der Berichterstattung über Europa und die geschichtslastigen Daten muss so etwas doch untergehen. Aber genau an solchen geschichtsträchtigen Tagen ist man vielleicht auch offener für die Belange von Gruppen, die deutlich machen, dass sie Bedürfnisse haben, denen zu wenig Rechnung getragen wird. Das vereinte Europa, wie es die EU verkörpert, ist nun einmal ein Europa der Wirtschaft, während soziale Errungenschaften oft nicht an erster Stelle der Agenda stehen. Darauf weist der europäische Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen eindringlich hin.

Bei dieser Fülle an Erinnerungsdaten mögen die Folgenden nur noch Randnotizen sein: Am 05.05.1985 gab es eine heftige Kontroverse, als US-Präsident Reagan und Bundeskanzler Helmut Kohl amerikanische und deutsche Kriegsgefallene auf dem Soldatenfriedhof Bittburg ehrten. Leider waren auch Angehörige der Waffen-SS darunter, was natürlich für Aufruhr sorgte. 5 Jahre später begann dann die erste Verhandlungsrunde zwischen der BRD und der DDR, die zum Einigungsvertrag und damit zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten führte. Und dann gibt es da noch den 05.05.05. Da trafen sich in einem netten Restaurant in Berlin Grunewald 23 blinde und sehbehinderte Radiobegeisterte, die beschlossen, ein gemeinsames Projekt aus der Taufe zu heben. Wenige Monate später wurde daraus der Ohrfunk. Somit ist der 5. Mai also auch noch der ideelle Gründungstag des Senders, den Sie heute eingeschaltet haben.

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Autor: Jens Bertrams

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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