Tagwerk vom 20.01.2012

Hier wieder ein paar Notizen, die ich mir beim Lesen aktueller Nachrichten machte. Zumindest über Ägypten werde ich wohl noch einen Kommentar schreiben, nehme ich an.

Überall erfreut sich das Ausspionieren des Privaten großer Beliebtheit, auch in der Ehe von Dominique Strauss-Kahn und seiner Frau Anne Sinclair. Es ist ekelhaft, wie die Journalisten von der Frau wissen wollen, ob sie noch in ihren Mann verliebt sei. Dass sie immer zu ihm hielt, trotz der Anschuldigungen, bezeichnen verschiedene Journalisten als rätselhaft. Gut, dass sie auf Fragen nach ihrem Privatleben keine Antwort gibt. Transparenz muss auch und gerade hier Grenzen haben.

Nordkoreas Nachrichtenagentur verbreitete, nach der Bekanntgabe von Kim jong ils Tod habe in Berlin eine Meise vor der Botschaft um Nordkoreas Führer getrauert, und eine Blume habe entgegen der Jahreszeit und aller Wahrscheinlichkeit zu blühen begonnen. Glauben die Nordkoreaner so was? Und wenn nicht, warum schreibt die Agentur es dann? Was will sie damit? Eigentlich muss man doch wissen, dass man mit so einem Humbug niemanden beeindrucken kann. Was für ein echter Zweck steckt wohl dahinter? Oder haben sie einfach eine Meise?

In Ägypten haben die Muslimbrüder 70 % der Stimmen bei den Parlamentswahlen gewonnen. Damit können sie sogar die Verfassung ändern. Vermutlich wird das Militär die Macht tatsächlich abgeben. Eine tolle Demokratie, aber sie hat auch Schönheitsfehler. Der Preis ist, dass eine radikalislamische Gruppe in Ägypten die Macht erhält, dass der Friedensprozess mit Israel gefährdet ist, und dass die Internetgeneration, die das alles mal angestoßen hat, vollkommen verdrängt ist. Vor einem Jahr fuhren junge Ägypter zu tausenden durch die Straßen und riefen Leuten aus dem Westen zu: Wir haben jetzt auch eine moderne Demokratie. Der Westen war endlich mal nicht das Feindbild. Und jetzt? Jetzt freut sich der Iran und die Taliban. Alles hat eben seinen Preis. Sie erkämpfen sich die Demokratie, um dann Antidemokraten zu wählen, und Leute, die mindestens so rechthaberisch und autokratisch sein werden wie Mubarak. Herzlichen Glückwunsch.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
Dieser Beitrag wurde unter aufgesammelt, erlebte Geschichte, Politik, Religion veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar