Wir sollten den hambacher Forst erhalten

Den folgenden Beitrag habe ich am 17. September für den Ohrfunk geschrieben, aber wegen Arbeitsüberlastung noch nicht auf diesem Blog veröffentlicht. Er stammt aus der Zeit vor dem tödlichen Unfall im hambacher Forst.

Kann mir irgendwer erklären, warum RWE jetzt noch den Hambacher Forst roden will? Alle vernünftigen Menschen sind gegen die Rodung. Zugegeben: Es gibt auch ein paar gewalttätige Störer, die dagegen sind, aber ist dieser Widerstand deshalb falsch?

Als Kind bin ich einmal durch den hambacher Forst gelaufen. Damals ging ich in Düren zur Schule. Es war still und feierlich im Wald, aber man konnte schon den riesigen Bagger sehen, der zu diesem Zeitpunkt aber stillstand. Das Waldgebiet ist 12.000 Jahre alt, über 140 gefährdete Tier- und Pflanzenarten gibt es hier, davon einige Fledermausarten, die dort ihre letzte Zuflucht haben.

Der Sommer 2018 war extrem warm und trocken. Nur die AfD bestreitet noch, dass es sich um die Auswirkungen des Klimawandels handelt, Wissenschaftler sind sich hingegen einig. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission soll im Dezember eine Empfehlung zum Ausstieg aus dem Braunkohletagebau abgeben. Die letzten 200 Hektar des Hambacher Forstes, ohnehin nur noch ein sehr kleines Waldstück, könnten also erhalten bleiben. RWE hat die Betriebsgenehmigung für den Kohleabbau bis 2030, aber ob sich das überhaupt noch lohnt, weiß ohnehin niemand.

Die Rodung im Hambacher Forst, die aus Artenschutzgründen nur zwischen Oktober und März durchgeführt werden kann, ist widersinnig. Das sagen nicht nur Klimaforscher und Oppositionspolitiker, sondern auch die Kriminalpolizei, die die Protestcamps räumen muss. Die Menschen wollen einfach nicht mehr, dass nur aus Geldgier ihre Natur zerstört, ihnen die Lebensgrundlage entzogen wird. Wenn der letzte Baum gerodet ist, werdet ihr erst dann einsehen, dass ihr euer schönes Geld auf der Bank nicht essen könt? Doch RWE geht es nicht um Vernunft, es geht um Macht, um Eigentumsrecht, um sogenannte Rentabilität. Da wird dann auch schon mal gelogen, dass zum Beispiel bei einem Rodungsstopp die Stromversorgung der Bevölkerung gefährdet sei. Deutschland exportiert Strom, wir produzieren im Überfluss, nur nicht ganz so billig. Die Stromversorgung war nie in Gefahr.

Ich will nicht die Vorgehensweise mancher Protestierer verteidigen, da sind bestimmt einige Leute dabei, denen die Bäume selbst egal sind, zum Beispiel zünden sie Holzbarrikaden an. Darum geht es nicht. Es geht darum, dass diese Rodung unnötig und unvernünftig ist, und dass der Menschheit dieser Kulturwald erhalten werden sollte, auch als grüne Lunge für die Gegend, zum Beispiel in zunehmend heißen Sommern kommender Jahre.

Als Kind war ich oft im Wald. Überall, wo ich große Wälder erlebt habe, ist heute kaum noch etwas davon übrig. Um Wald zu erhalten, muss man ihn heute unter Naturschutz stellen und zum Naturpark ausbauen. Naturbelassenen oder bewirtschafteten Wald gibt es immer seltener, und dass, obwohl wir zu den waldreichsten Regionen Europas gehören. Wir könnten im Kleinen einen Anfang machen und umkehren, und den hambacher Forst erhalten. RWE hat in den letzten 40 Jahren genug am rheinischen Braunkohletagebau verdient.

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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