Der große Sprung 1: Der Start

Gestern vor 50 Jahren startete die erste Mondlandung. Leider habe ich damals nicht dabei sein können, ich war erst 155 Tage alt, als das Raumschiff abhob. Trotzdem fasziniert mich das Geschehen von damals, und jetzt gerade läuft im Hintergrund der Funkverkehr mit der Apollo-Kapsel auf meinem Rechner, genau 50 Jahre nach dem Original. Ich werde von diesem großen Unterfangen schreiben und meine eigenen Gedanken mit einbringen.

Nein: Helden waren die drei Männer nicht, die am Morgen des 16. Juli 1969 um 04:15 Uhr Ortszeit (09:15 Uhr deutscher Zeit) von ihrem Vorgesetzten Deke Slayton geweckt wurden. Neil a. Armstrong, Edwin (Buzz) Aldrin und Michael Collins waren Soldaten und Testpiloten gewesen, waren 38 bzw. 39 Jahre alt und gehörten seit Jahren dem Astronautenkorps der NASA an. Vor einem halben Jahr hatte man sie ausgewählt, die erste Landung auf dem Mond zu versuchen. Sie hatten unendlich lange trainiert und waren so gut wie möglich auf ihre Aufgabe vorbereitet. Obwohl sie in den letzten 6 Monaten jeden Tag bis zu 14 Stunden gemeinsam trainiert hatten, waren sie doch keine Freunde geworden, wie es bei anderen Besatzungen der Fall war. Michael Collins bezeichnete sie einmal als „freundlich gesinnte Fremde“. Obwohl sie keine Helden waren, waren sie mutig, gebildet, gut trainiert und extrem gut vorbereitet. Sie passten zusammen, ergänzten sich bei ihrer Arbeit und verstanden sich ohne viele Worte.

Der erste Mondflug war, das wird einem heute jeden Tag um die Ohren gehauen, kein wissenschaftliches Unternehmen, sondern eine
Prestige-Tour. Man wollte den Sowjets zuvorkommen, zumindest auf politischer Ebene. Zwischen den sowjetischen Kosmonauten und den amerikanischen Astronauten bestand im Grunde ein kameradschaftliches und nicht ideologisches Verhältnis. Für sie alle war der Weltraum Teil der Zukunft des Menschen. Das ist heute kaum noch vorstellbar, wo wir vollkommen auf die Erde und ihre Erhaltung zurückgeworfen wurden, und wo die Menschen alle zivilisatorischen Errungenschaften der letzten Jahrhunderte zu vergessen scheinen. Doch damals blickte man noch in die Zukunft. Der erste Mondflug war ein extrem teures Unternehmen, das lediglich beweisen sollte, dass es möglich war. Und war dieser Beweis erst einmal geliefert, dann konnte man sich auch – wie später geschehen – an die wissenschaftliche Erforschung des Erdtrabanten machen. Bei aller Kritik an teuren Weltraumprojekten ist die bemannte Raumfahrt für mich immer noch ein Teil der Zukunft. Irgendwann werden wir
Sonnenenergie aus dem All beziehen können, werden wir Kolonien auf dem Mars und vielleicht unterirdische Städte auf dem Mond haben. Warum sollte dies unmöglich sein?

Nach dem Aufstehen duschten die Astronauten und gingen dann in recht leichter Kleidung zum Frühstück. Deke Slayton und der Astronaut Bill Anders, der zur Ersatzcrew der Apollo 11 gehörte, frühstückten mit ihnen. Es gab, so die Tradition an Starttagen, Steaks, Rührei, Toast, Orangensaft und Kaffee. Währenddessen war ein weiteres Mitglied der Ersatzcrew, der Astronaut Fred Haise, an Bord von Apollo 11 damit beschäftigt, letzte Einstellungen an den Instrumenten vorzunehmen.

05:35 Uhr Ortszeit (10:35 Uhr deutscher Zeit“: Die Astronauten begannen damit, ihre Raumanzüge anzulegen. Es handelte sich um Anzüge aus 25 Lagen Nylon mit einigen Zusätzen und einem Überanzug, der zumindest auf dem Mond vor Strahlung und Staub schützen sollte. Außerdem wurde ihnen ein Urinschlauch mit Beutel angelegt, diesen Beutel mussten sie täglich wechseln. Im Weltraum waren die menschlichen Bedürfnisse nur sehr schwer zu befriedigen. Der Anzug wurde aufgeblasen, um innen Wärme und druck zu erhalten, und wog zusammen mit dem Lebenserhaltungssystem 83 Kilogramm. Doch selbst an Bord des Raumschiffes kam er noch auf 28 Kilogramm. Die Astronauten zogen diesen Anzug mit Hilfe von 4 Technikern an, nachdem eine Krankenschwester letzte Gesundheitschecks vorgenommen und die medizinischen Überwachungssonden auf der rasierten Brust der Männer befestigt hatte. Der Raumanzug war übrigens einteilig, einschließlich der Schuhe. Die Astronauten konnten von hinten in den Anzug steigen, der durch einen Reißverschluss, der von der Schulter bis in den Schritt verlief, geöffnet wurde. Der Helm war fast vollständig aus
durchsichtigem Plastik, und nachdem er fest verschlossen worden war, stöpselten die Männer ein Tragbares Gerät zur Sauerstoffzufuhr ein. Ohne noch etwas von der Außenwelt hören zu können, machten sie sich auf den Weg zur Rakete. Das große Abenteuer konnte beginnen.

In einem klimatisierten Kleinbus fuhren sie zur Startrampe, die 13 Kilometer entfernt war.

Um 06:51 Uhr Ortszeit (11:51 Uhr deutscher Zeit) bestiegen die drei Astronauten den Aufzug, der sie an die Spitze der 110 Meter hohen Saturn-5-Rakete brachte. Diese Rakete war von einem Team unter Leitung des deutschen Ingenieurs Wernher von Braun entwickelt worden, der während der Nazidiktatur für die sogenannten Vergeltungswaffen zuständig war und für den Tod von tausenden Zwangsarbeitern in seinen Lagern und Fabriken verantwortlich zeichnete. Trotzdem war er für viele Menschen Ende der 60er Jahre ein Held. Es dauerte sehr lange, bis die deutsche Öffentlichkeit von seinen Verbrechen gegen die Menschlichkeit Notiz nahm. Es waren übrigens viele deutsche Spezialisten beim NASA-Team, nicht alle noch aus der Nazi-zeit. Oben auf der Gangway vor dem Einstieg zur Raumkapsel erwartete die Astronauten der sogenannte Rampenführer (Pad Leader) Guenter Wendt. Der in Berlin geborene Ingenieur sprach immer mit deutschem Akzent und machte zum Abschied immer einen Spaß mit den Astronauten. Diesmal schenkte er der Crew einen Styropor- und Alufolieschlüssel zum Mond und erhielt dafür einen Gutschein für ein Weltraumtaxi zwischen beliebigen Planeten. Außerdem schenkte Michael Collins, der genau wie Wendt begeisterter Angler war, ihm eine tiefgefrorene Forelle. Der mit deutschem Akzent gesprochene Satz „I wonder where Guenter went (Ich frage mich, wohin Guenter ging), wurde unter den Astronauten, bei denen Wendt beliebt war, zu einem geflügelten Wort.

Die Kommandokapsel der Apollo 11, die den Eigennamen Columbia erhalten hatte, war innen ungefähr 3 Meter breit und ebenso tief. Die Einstiegsluke befand sich hinter den drei Liegesitzen der Astronauten, und zwar hinter dem mittleren Sitz. Daher stieg zunächst Neil Armstrong ein, der ganz links saß, dann Michael Collins, der den rechten Platz einnahm, und schließlich Buzz Aldrin, der die mittlere Couch besetzte. Dann wurde die Luke geschlossen, und die Astronauten waren allein, nur noch durch ihre jetzt eingeschalteten Funkgeräte mit dem Boden verbunden.

Gut 2 Stunden vor dem Start, um 07:25 Uhr Ortszeit (12:25 Uhr deutscher Zeit) wurde die Luke geschlossen. Danach überprüften die Astronauten die Einstellungen des Triebwerks, testeten die Kommunikation mit dem Mission Controll Center in Houston und lagen ansonsten in ihren schweren Anzügen auf dem Rücken und warteten auf den Start. Äußerlich waren sie ganz ruhig, alle drei hatten schon Raumflüge unternommen, aber ihre Herzfrequenzen rund um den Start sprachen Bände. Edwin Aldrin hatte einen Puls von 88, Michael Collins von 99 und Neil Armstrong von 110.

16 Minuten vor dem Start übernahmen die Batterien des Raumschiffes die interne Stromversorgung, jetzt begann die heiße Phase des Countdowns. Tausende Menschen hatten sich an den Stränden von Florida versammelt, um die Apollo 11, die in östlicher Richtung über den Atlantik fliegen sollte, zu beobachten. In 35 Ländern wurde der Start live übertragen. 4 Minuten und 50 Sekunden vor dem Start zog sich der sogenannte Arm, also die Verbindung zum Startturm, vom Raumschiff zurück. Kurz darauf erhielten die Astronauten die Startfreigabe und die Glückwünsche der Bodenmannschaft.

Mit ohrenbetäubendem Getöse, das selbst Pressevertretern, die rund 10 Kilometer entfernt waren, beinahe die Trommelfelle platzen ließ, hob Apollo 11 um 09:32 Uhr Ortszeit (14:32 Uhr deutscher Zeit) von der Startrampe 39a des Kennedy Space Center ab. Die vielen Vögel und anderen Tiere in der wilden Natur, die rund um das Startgelände lag, hatten sich längst an die Starts gewöhnt und flohen nicht mehr, wenn sich wieder so ein Ungetüm in den Himmel erhob. Scheinbar langsam kletterte das Raumschiff auf seinem Flammenstrahl in die Höhe und wandte sich dann nach Osten. Am Anfang musste die Flugkontrolle jede weitere Minute die fortsetzung des Aufstiegs genehmigen, es hätte ja immer etwas mit dem dreistufigen Triebwerk sein können. Nach 1 Minute und 28 Sekunden mussten die Astronauten den höchsten Druck während des Aufstieges aushalten, doch diese Phase dauerte nicht lange. Nach knapp drei Minuten war die erste Stufe ausgebrannt und schaltete sich ab. Nach 3 Minuten und 20 Sekunden wurde der Fluchtturm abgesprengt, der es den Astronauten bis zu diesem Zeitpunkt ermöglichte, bei einem Fehler die Raumkapsel vom Triebwerk abzusprengen und sicher zur Erde zurückzukehren. Knapp 6 Minuten nach dem Start machte Armstrong den ersten seiner wenigen Scherze. Zu demFunker im Kontrollzentrum, seinem Astronautenkollegen Bruce McCandless, sagte er: „Du klingst klar und deutlich, Bruce, Klingt, als säßest du in deinem eigenen Wohnzimmer.“ McCandless bedankte sich für das Lob.

9 Minuten nach dem Start war auch die zweite stufe ausgebrannt und wurde abgeworfen, die dritte Stufe nahm ihre Arbeit auf. Sie transportierte Apollo 11 in den Erdorbit, den sie 3 Minuten später erreichte.

Apollo 11 befand sich nun in einer Umlaufbahn um die Erde. Funkverkehr war damals noch nicht während der ganzen Umlaufzeit möglich. An verschiedenen Orten der Welt standen Empfangsstationen, die das Signal nach Houston weiterleiteten, aber während des Fluges über den Atlantik gab es ein paar Minuten, in denen kein Funkverkehr möglich war. Damals wurden allerdings auch die Gespräche in der Kommandokapsel
aufgezeichnet. So wissen wir heute, dass die drei Männer in dem kleinen Raumschif ein wenig ihre Checklisten abarbeiteten, Kameras ausrichteten und verstauten, sich um die Heizung kümmerten und sich teilweise darüber beklagten, dass sie frei im Raumschif schwebten und es schwierig war, sich an einer bestimmten Position zu halten.
„Versuch’s gar nicht erst und schwebe einfach hin, wo du hin willst“, riet Kommandant Armstrong seinem Kollegen Aldrin. Dann, während der nächsten Verbindungsunterbrechung, versuchten sie, Sterne ausfindig zu machen, mit deren Hilfe sie mit einem Sextanten während des fluges ihre Position bestimmen konnten. Außerdem konnten sie daran die Plattform ihres primären Führungs- und Steuerungssystems ausrichten. Dieses System, PGNCS abgekürzt und Pings ausgesprochen, war für die fehlerfreie Navigation verantwortlich. Im Jahre 1984 habe ich mal eine genaue Beschreibung dieses Systems gelesen, aber ich kann sie nicht mehr richtig wiedergeben. Es funktionierte mit einer frei hängenden Plattform, die an bestimmten Punkten ausgerichtet war und daher die Fluglage des Schifes auch dann ermitteln konnte, wenn es kein oben und unten gab, wie das nun einmal im Weltraum so ist. Diese Raumfahrtsysteme waren ein Grund, warum ich gern in Physik in der Schule besser gewesen wäre, aber da mich leider schon die mathematischen Grundlagen im stich ließen, nutzte mir die Physik hier auch nichts mehr, was ich bis heute wirklich bedauere.

Inzwischen war Apollo 11 über der Nachtseite der Erde angekommen und steuerte auf australien zu, wo die nächste Funkstation stand. Bis Houston sich wieder meldete, unterhielten sie sich über die frage, ob man die Heizung höher drehen sollte, oder ob es warm genug im Raumschiff war. Einig wurden sie sich offenbar nicht.

Wer damals den Flug am Bildschirm oder im Radio verfolgte, bekam von diesen Kleinigkeiten natürlich nichts mit. Die deutschen Reporter, meistens nicht mehr ganz so junge Männer, sprachen nur begrenzt gut englisch und achteten nicht auf Kleinigkeiten im Funkverkehr. Das führte einige Tage später bei der Mondlandung dazu, dass sie die
zwischenzeitlich angespannte situation schlichtweg überhörten und übersahen und nur von einer Bilderbuchlandung sprachen. Aber ich habe mich immer schon gefragt, was Astronauten eigentlich machen, wenn sie sich nicht gerade mit der Bodenstation unterhalten. Zum Beispiel sprechen sie über die Heizung. Ansonsten testeten sie Fernsehkameras und unterhielten sich darüber, wie sich die Schwerelosigkeit anfühlte. „Habt ihr irgendwie ein seltsames Gefühl im Kopf?“ fragte Armstrong. „Nein, es fühlt sich bloß so an, als würden wir uns auf den Kopf drehen (wie bei einem Looping)“, meinte Collins.
„Ich fühle nichts dergleichen“, ergänzte Aldrin, der offenbar keine Probleme hatte.
„Der Horizont scheint um 90 Grad gedreht“, erklärte Armstrong, und Collins stimmte ihm zu.
Es dauerte offenbar ein wenig, bis sie sich an die Schwerelosigkeit gewöhnt hatten.

Als sie Australien überflogen, waren sie im Bereich der einzigen Station, die Fernsehbilder empfangen und nach Houston senden konnte. Aber einiges geriet ihnen vor der Übertragung durcheinander. Gerade überflogen sie offenbar einen schönen Sonnenaufgang.
„Es ist wunderschön, mach ein Foto davon“, sagte Armstrong zu Collins. „Sicher, mach ich, aber ich habe meine Kamera verloren. Hat jemand eine Hasselblad-Kamera vorbeifliegen sehen? Kann nicht weit gekommen sein.“ Und kurz darauf: Ich sehe keine Kamera, aber hier fliegt ein Kugelschreiber durch die Luft. Vermisst wer einen?“
„Wir haben noch sieben Minuten zum üben, für den Sonnenaufgang ist es ohnehin zu spät“, stellte Armstrong lakonisch fest.

Um 17:16 Uhr deutscher Zeit (12:16 Uhr Ortszeit Houston) wurde das Triebwerk der dritten Raketenstufe erneut gezündet. Es brannte 5einhalb Minuten lang, dann hatte es die Apollo-Raumkapsel aus der Umlaufbahn und grundsätzlich auf den Weg zum Mond geschleudert. Die Raumkapsel war während der Triebwerkszündung einige Minuten lang mit bloßem Auge von den Gilbert-Inseln im Südpazifik zu sehen. In der nächsten Zeit wurden mit einigen Manövrierdüsen und kleineren Triebwerkszündungen noch kleine Korrekturen vorgenommen, doch eigentlich befand sich das Raumschiff mit seiner Besatzung jetzt auf dem Weg zum ersten Himmelskörper, den ein Mensch betreten würde, abgesehen von der Erde selbst natürlich.

Wenige Minuten nach dem Einschuss auf den Mondkurs erfolgte das nächste schwierige Manöver. Ganz oben in der dritten Triebwerksstufe hatte man die Mondlandefähre in einem Hohhlraum untergebracht, damit sie beim Aufstieg nicht beschädigt wurde. Ihre Wände waren extrem dünn, sie war nicht für die erdatmosphäre gebaut. Sie lag derzeit unerreichbar unter den Astronauten und war nicht mit ihrer Ausstiegsluke verbunden. Um dies zu ändern trennte sich die eigentliche Raumkapsel mit ihrem
Servicemodul, das nur ein kleines Triebwerk enthielt, von der dritten Stufe des Starttriebwerks und drehte sich herum, damit die vordere Luke des Raumschiffes jetzt auf die Mondlandefähre in ihrer Verschalung zeigte. Dann näherte Michael Collins die beiden Raumfahrzeuge vorsichtig einander an. Nach einem Manöver von fast 20 Minuten wurde die Landefähre vom Dockingmodul der apollokapsel erfasst und herangezogen. Dann wurde das Mondfahrzeug mit 12 Bolzen fest mit der Kommandokapsel verankert. Schließlich wurde die dritte Triebwerksstufe abgesprengt, und die jetzt verbundenen beiden Raumfahrzeuge entfernten sich langsam von der ausgebrannten Triebwerksstufe. Das war ein schwieriges Manöver, das zumindest teilweise von Hand erledigt werden musste. Um 20:15 Uhr deutscher Zeit, 5 Stunden und fast 43 Minuten nach dem Start, war diese Arbeit erledigt. Es hatte keine Schwierigkeiten gegeben, nur hatte Collins etwas mehr Treibstoff verbraucht, als im Flugplan veranschlagt worden war, weil er sich vermutlich etwas weiter als vorgesehen von der dritten Triebwerksstufe entfernt hatte.

Endlich konnten die Astronauten auch wieder übet das Wetter reden. Armstrong: „Wir hatten nicht viel Zeit, mit euch über unsere aussicht aus dem Fenster zu sprechen. Vor dem Verlassen der Erdumlaufbahn konnte ich den gesamten hellen Bereich der Nordhemisphäre sehen, also Nordamerika, Nordatlantik, Nordafrika und Europa. Das Wetter war fast überall gut, es gab einen Zyklon in Kanada, ungefähr in der
Atabasca-Region, Grönland war klar, und wir sahen das Polareis. Überall sonst war das Wetter gut, bis auf ein Tief in der Mitte der USA Richtung Norden.“
Collins: „Ich weiß nicht, was ich gesehen habe, aber es hat mir gefallen.“ Aldrin: „Ich konnte aus meinem Fenster überhaupt nichts sehen.“ Bruce McCandless am Boden tröstete ihn: „Demnächst versetzen wir euer Schiff in eine Drehbewegung, dann siehst du auch was.“

Weil die Leitstelle noch einen Blick auf die abgetrennte Triebwerksstufe werfen wollte, musste das Schiff sich erneut drehen, um Bilder machen zu können. Während dieses Längeren Manövers entspann sich kurz vor 22 Uhr deutscher Zeit ein kleiner Dialog.
Collins: „Wenn wir euch derzeit langsam antworten, dann weil wir hier Sandwiches futtern.“
McCandless: „Ich wünschte, ich könnte das hier im Kontrollzentrum auch tun.“ Collins: „Tu das nicht, verlass bloß die Konsole nicht.“
McCandless: „Keine Angst, mache ich nicht.“
An diesen wenigen Worten wird deutlich, wie sehr die Astronauten auf ihren Verbindungsmann zum Kontrollraum angewiesen waren. Nur der CapCom, der Kapselkommunikator, hatte und hat bis heute das Recht, mit den Astronauten zu sprechen und ihnen die Anweisungen der Bodenstation durchzugeben. Er ist ihre Verbindung und Rückversicherung, während sie sich im lebensfeindlichen All befinden.

Der Rest des ersten Tages verging damit, nach geeigneten Sternen für den Sextanten Ausschau zu halten, falls das PGNCS einmal ausfallen sollte, oder um es zu unterstützen. Außerdem wurde die passive termal control eingeleitet. Weil das Raumschiff im freien Flug immer nur auf einer Seite von der Sonne beschienen wurde, sorgten die Astronauten dafür, dass es sich im Laufe einer Stunde dreimal um die Längsachse drehte, damit das Sonnenlicht auf alle Seiten gleichmäßig scheinen konnte. Im Weltraum, ohne Atmosphäre, herrschen bei Sonneneinstrahlung extrem hohe Temperaturen, denen man das Raumschiff und die Astronauten nicht ungleichmäßig aussetzen wollte.

Zum Schluss filmten sie noch einmal die Erde und schickten die Bilder zum Kontrollzentrum. Kleine Probleme mit einem Sauerstoffventil und einem Leck an einem gasbetriebenen Wasserspender störten den Fortgang des Fluges nicht. Gegen 04:00 Uhr deutscher Zeit, rund 13,5 Stunden nach dem Start, ging dieser erste Flugtag zu Ende. Apollo 11 hatte schon rund 100.000 Kilometer auf dem Weg zum Mond zurückgelegt.

Bei Apollo 11 in real time gibt es unendlich viel Audio-, Video- und Fotomaterial

Über Jens Bertrams

Jahrgang 1969, Journalist bei www.ohrfunk.de, Fan der Niederlande und der SF-Serie Perry Rhodan.
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